Zwischen Glas und Porzellan
Die Ausstellung, die im April und Mai 2020 im Centrum Bavaria Bohemia in Schönsee unter der Schirmherrschaft des Karlsbader Bezirks präsentiert werden sollte, wurde von der Karlsbader Kunstgalerie in Zusammenarbeit mit dem Regionalen Kunstverein Karlovy Vary vorbereitet. Die Entwicklung der Covid-19-Pandemie verhinderte jedoch die Durchführung, obwohl die Organisatoren mehrmals versuchten, den Zeitpunkt der Veranstaltung zu verschieben. Auch der Termin im März 2021 musste gestrichen werden. Daher vereinbarten die Mitorganisatoren, das Projekt in virtueller Form durchzuführen.
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VARVARA DIVIŠOVÁ
Varvara Divišová | *1954 in Karlsbad | Malerin, Zeichnerin und Graphikerin
Die in Dalovice bei Karlsbad lebende Künstlerin beschäftigt sich seit langem vor allem mit der Malerei, gelegentlich auch mit Grafik und auch der Arbeit mit verschiedenen anderen Materialien, wie es in diesem Fall auch das Glas ist. In ihren Bildern überwiegen Motive von Landschafts-Ausschnitten, die die Verknüpfung der realen Darstellung mit einer Lyrisierung und einer Vereinfachung des Sujets ermöglichen. In unprätentiösen Kompositionen kombiniert die Künstlerin ein unmittelbar visuelles Erlebnis mit dem Bestreben um eine Verallgemeinerung und Typisierung der Naturereignisse, zugleich mit der Darstellung der farbig leuchtenden Verwandlungen der umgebenden Welt.
Etwas stärker stilisiert sind ihre Arbeiten in Glas, in denen sie die Oberflächen des aus der Glashütte Waldsassen übernommenen Glases nutzt. Durch das stufenweise Sandstrahlen der Farbschichten evoziert sie auch hier vereinfachte Bilder der Landschaften, manchmal bis an die Grenze der Abstraktion. In ihren Glasobjekten verwendet sie häufig zoomorphe Motive in einer vereinfachten, aber dennoch attraktiven Stilisierung.
Der Vielbeiner badet, 2013, Glas, 24 x 25 cm
Wasser, 2012, Glas, 80 x 62 cm
Landschaft, 2012, übernommenes Glas, hinterleuchtet, 32,5 x 33,5 cm
PETR DOUBEK
Petr Doubek | *1969 in Prag | Rechtsanwalt, Glas-Designer
Petr Doubek ist Absolvent der juristischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag. Er verließ jedoch seine erfolgreiche Karriere eines Anwalts und widmet sich der Schaffung origineller Solitäre aus Glas. Die Morphologie dieser Objekte ist nicht durch professionelle Kunstschulungen belastet; sie zeigt trotzdem ein hohes Maß an Gefühl für das gewählte Material wie auch die Exaktheit der Ausführung.
Hieran knüpft sich eine spezifische, oft ausdrucksstarke Farbigkeit an, und auch unerwartete Verbindungen robuster Formen in Kombinationen mit einem harmonisch abgestimmten, hervorgehobenen Detail. Die Einzigartigkeit der Erwägungen des Autors wird von der Morphologie verraten, die manchmal an postkubistische Kompositionen erinnert, manches Mal die Plastiken der Vertreter des deutschen Bauhauses ins Gedächtnis ruft. Mit seinen Arbeiten, die irgendwo zwischen Gebrauchsglas (Vasen, Schalen) und freien Dekorationsobjekten oszillieren, setzte sich der Autor bereits in vielen privaten wie auch in öffentlichen Sammlungen durch.
Weißer Fisch (Vase), 2018, mundgeblasenes Glas, Gold 24 Karat (in den Augen eingeschmolzen), 58 x 22 x 14 cm
Kleine Fische – Liebespaar (Kerzenhalter), 2019, mundgeblasenes Glas, 11 x 11 x 13 cm
Roter Fisch (Schale), 2018, mundgeblasenes Glas, Gold 24 Karat (in den Augen eingeschmolzen), 15 x 15 x 70 cm
NELA HAVLÍČKOVÁ
Nela Havlíčková | *1988 in Marienbad | Porzellan-Designerin
Die in Marienbad lebende und schaffende junge Künstlerin studierte ähnlich wie Lenka Sárová Malíská zuerst an der Mittleren Kunstgewerbeschule für Keramik in Karlsbad und danach an der Fakultät für Kunst und Design der Universität J. E. Purkyně, Ústí nad Labem (Aussig), und zwar im Keramik- und Porzellandesign-Atelier bei Prof. Pavel Jarkovský. Die Arbeiten mit dem originellen zerbrechlichen Ausdruck gestaltet sie in ihrem Atelier von der ursprünglichen Idee bis hin zur Realisierung.
Es handelt sich meistens um die klassische Technik des Gießens in Gipsformen, aber die von der Autorin charakteristisch aufgefassten Ausdrucksmittel tragen allerdings immer eine Spur des ursprünglichen Formbegriffs in sich. Und dies auch in den Fällen, wenn es sich um Gegenstände mit einer Gebrauchsfunktion handelt. So erscheinen in ihren Vasen, Schalen oder Tassen die Reminiszenzen der postkubistischen Elemente – zum Beispiel das Umknicken der Grundform oder die Facetten der Griffe und Henkel. In anderen Fällen behandelt die Autorin den Gefäßkörper mit einem feinen Relief bis hin zu den Merkmalen der Lithophanie.
Vase Nachen, 2020, Porzellanguss, H. 22 cm
Kleine Vase Nachen, 2020, Porzellanguss, H. 15 cm
Vase Schiff, 2020, Porzellanguss mit transparenter Glasur, H. 25 cm
VIKTOR CHALEPA
Viktor Chalepa | *1981 in Malin (Ukraine) | Porzellan-Designer, Pädagoge
Der Absolvent der Akademie für Kunst, Architektur und Design in Prag unterrichtet zurzeit an der Mittleren Kunstgewerbeschule für Keramik und Glas in Karlsbad. In seinem Schaffenswerk konzentriert er sich auf die Suche nach einer lapidaren Form, in der die elementare Form mit der Funktion konveniert; und gleichzeitig nutzt er die technologischen Möglichkeiten und natürliche Eigenschaften des Porzellans als hoheitliches Material.
Diesem Vorhaben entspricht die resultierende minimalistische Morphologie seiner Werke, in denen sich die Grundidee oder der ursprüngliche Einfall am besten in Alternativen, durchdringenden Permutationen und auch in breiteren Serien äußern. In seiner charakteristischen Weise fürchtet sich der Autor keineswegs davor, Porzellan mit Glas und eventuell mit anderen Materialien zu kombinieren.
Porzellanschale (Rochen – schwarz), 2004, 30,5 x 30,5 x 3 cm
JIŘÍ KOŽÍŠEK
Jiří Kožíšek | *1955 in Strakonitz | Porzellan-Designer, Maler, Zeichner
Jiří Kožíšek absolvierte die Karlsbader Keramikschule und die Kunstgewerbehochschule, wo er im Atelier von Prof. Otto Eckert studierte. Der Schwerpunkt seines Schaffenswerks bildet zwar das Porzellan, aber der Künstler drückt sich gerne ebenfalls durch andere Medien aus – oder kombiniert sie auch. Sein freier Ausdruck ist verständlicherweise verknüpft mit den Erfahrungen eines Autors der angewandten Kunst und umgekehrt; im Entwerfen der seriell hergestellten Produkte kommt die befreite Vorstellungskraft des nicht eingeschränkt denkenden Autors zur Geltung. Eines Autors, der die eingeführten Tonarten und die technologischen Konventionen überschreitet.
Wie in seinen Originalen – z.B. bei den Lichtobjekten, die die schon beinahe vergessene Technik der Lithophanie nutzen, so auch in den charakteristisch gestalteten angewandten Sets, wie auch in den seriell hergestellten Konvoluten erkennen wir Kožíšeks spezifische Handschrift, die eine groteske robuste Stilisierung und persiflierte Teile menschlicher Figuren nutzt. Für die Ausstellung in Schönsee bereitete er zusätzlich einen Zyklus einiger Glastafeln mit Totem-Charakter vor.
Porzellanschönheiten, 2018, Porzellan, H. 45 cm
Auf dem Käfig, 2017, Porzellan, Lichtobjekt, H. 70 cm
Glückliche Momente, 2013, Glas, Holz, Zeichnung, 158 x 39 cm (Sockelhöhe 20 cm)
JIŘÍ KUBELKA
Jiří Kubelka | *1960 in Pardubitz | †2018 in Prag | Glas-Designer, Maler, Graphiker
Jiří Kubelka war ein Glasmacher, ein Maler, ein Grafiker und ein Zeichner, der nach dem Studium an der Mittleren Gewerbeschule, Fachbereich Glas, in Železný Brod (Eisenbrod) das Atelier der monumentalen Malerei von Quido Fojtík an der Hochschule für Kunstgewerbe studierte.
Die ursprüngliche Glasmacher-Ausbildung war in seiner Malerei allerdings stärker zu erkennen. Der Künstler ging mit den Farben mit einer entspannten Handschrift um, wobei die Transparenz der leichten farbigen Aufträge über den undurchsichtigen Schichten überwog, und die großzügigen, bis monumentalen Züge sozusagen einen Lumineszenz-Effekt erzeugten.
Kubelka war gleichzeitig ein ausgezeichneter Zeichner und Grafiker, seine großformatigen Arbeiten auf Papier zeichneten sich durch eine brillante Linie und auch Komposition aus. Den Glasrealisationen, wie dem Fusing, widmete er sich gelegentlich – für die konkrete Innenarchitektur. Im Bereich des Autorenglases schuf er in seiner Werkstatt geschmolzene Einzelobjekte. Diese Plastiken zeichneten sich üblicherweise durch intensive bis undurchsichtige Chromatik und eine robuste Morphologie mit kubistisch anmutenden Facetten aus.
Haken, 2013, Schmelzglas, 55 x 32 x 12 cm
Ohne Titel, 2016, geschmolzenes Glas, Schleifscheibe, 50 x 6 cm
ZUZANA KUBELKOVÁ
Zuzana Kubelková | *1987 in Strakonitz | Glas-Designerin
Zuzana Kubelková ist eine Glasdesignerin, deren Arbeit in Karlsbad mit dem Engagement in der Glashütte Moser verknüpft war. Sie absolvierte zuerst die Mittlere Gewerbeschule, Fachbereich Glas, in Železný Brod (Eisenbrod), und im Jahre 2014 die Kunst- und Designfakultät, Universität J. E. Purkyně in Ústí nad Labem (Aussig), Atelier Doz. Ilja Bílek. 2017 gewann sie im dänischen Ebeltoff den international renommierten YOUNG GLASS Award für das Ensemble My Chemical Romance.
Die junge Glaskünstlerin interpretiert das Glas auf unkonventionelle Weise, verbindet es oft mit anderen Materialien, zum Beispiel mit Textilfasern, und aus solchen Kombinationen lässt sie überraschende bis mysteriöse Objekte mit einer charakteristischen fragilen Poetik entstehen. Zurzeit arbeitet sie nicht mehr in der Karlsbader Glashütte Moser, sie lebt und arbeitet in Deutschland.
Medrana, 2019, geschmolzene Glasfaser, 45 x 35 x 18 cm
JAN SAMEC
Jan Samec | *1955 in Karlsbad | Maler, Zeichner Kunsttheoretiker, Kurator
Der Absolvent der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag betätigt sich als Galerist und Kurator; in seiner eigenen künstlerischen Arbeit konzentriert er sich hauptsächlich auf die Malerei. In letzter Zeit überträgt er mittels der Frottage-Technik zufällige Abdrücke von Naturmaterialien auf unbehandelte Leinwände und bemüht sich, die resultierende organische Zufälligkeit in den finalen Kompositionen durch geometrische Präzision verschieden variierter Quadrate zu verankern.
In Schönsee wollte er eine Kombination aus der Malerei und des übernommenen Glases ausstellen. Er bemüht sich, das Glas in die Bilder unter die teilweise durchgeschnittene Leinwand herein zu komponieren, appliziert eventuell das gläserne Fragment auf die Oberfläche der Malerei. Diese unterleuchtet er noch häufig, wodurch visuell unterschiedliche Effekte in einem Werk entstehen. In den eigentlichen Platten des übernommenen Glases nutzt er das stufenweise Freilegen der Farbschichten mittels der Technik des Sandstrahlens.
Geburt des Hügels, 2013, Glas, 45 x 68 cm
Hügel unter dem Schnee, 2013, Glas, 60 x 95 cm
Blauer Traum, 2019-20, Acryl, Leinwand, übernommenes Glas, 40 x 40 cm
LENKA SÁROVÁ MALÍSKÁ
Lenka Sárová Malíská | *1981 in Schlackenwerth | Porzellan-Designerin, Malerin, Pädagogin
Die Karlsbader Künstlerin ist eine Absolventin der Fakultät für Kunst und Design der UJEP (Universität J. E. Purkyně) in Ústí nad Labem (Aussig), wo sie im Glas-und Keramikatelier bei Prof. Pavel Jarkovský studierte. Völlig natürlich und schrankenlos bewegt sie sich zwischen der Malerei, dem freien Porzellandesign und dem Design des seriell hergestellten Porzellans.
In den gesamten Designbereichen ist die Invention der Autorin mit der nahezu methodischen Voreingenommenheit verbunden; sie sucht und testet die ursprüngliche Idee in Bezug auf die Zweckmäßigkeit, das Material und den technologischen Prozess. Sie überlegt und überprüft Varianten, alternative Dekorationsformen und mögliche Accessoires bis zur resultierenden Menge an Kreationen, bei denen die finalen permutierten Varianten zu einem Teil des Ganzen werden. Im Schönsee hätte sie auch ihre Ideen in Glas präsentieren sollen, die sie 2013 in der Glashütte Lamberts in Waldsassen realisierte.
Kollektion Herzen, Kerzenständer und Vasen, 2020/2021, Porzellan, Metall, H. 18 cm
Vase Lea, 2020/2021, Porzellan, Keramikfarben, Gold, H. 18 cm, 26 cm
Vase „Astre“, 2018, glasiertes Porzellan, H. 31 cm
Vase „Astre“, 2019, glasiertes Porzellan, H. 31 cm
MICHAL ŠPORA
Michal Špora | *1956 in Teplitz | Keramiker, Maler, Zeichner
Der Karlsbader Keramiker und Maler absolvierte die örtliche Keramikschule und arbeitete viele Jahre als Modelleuer. Seinen Sinn für Präzision, den Respekt für materielle und technologische Bedürfnisse übertrug er auch in seine eigenen kreativen Arbeiten. Sein Weg, um seine eigenen Ausdrucksmittel zu finden, wurde mit einer langen Reihe von Versuchen begleitet: dem Austesten verschiedener Keramik- und Porzellanmassen, Glasuren, Umwandlungen der Morphologien und auch der Themen.
Die gleichzeitig ausgestellte Reihe von Vasen, Schalen und Kannen, die im weißen Scherben ausgeführt wurden, weist einen neuen Weg eines Autors mit langjähriger technologischer Erfahrung. Alle diese Objekte basieren auf der Evokation des zerknitterten Ausgangsmaterials, und der Charakter der Materialsubstitution bestimmt sowohl den Grundausdruck als auch die plastische Dekoration des gesamten Konvoluts.
Vasen quadratisch und zerknittert, 2020, Porzellan, H. 38 cm
Niedrige Schälchen, 2018, glasiertes Porzellan, H. 5 cm
Hohe Schälchen, 2018, glasiertes Porzellan, H. 10 cm