Deutsche und Tschechen im 20. Jahrh. im Schatten zweier totalitärer Systeme
"Wir wollen nichts verstecken" ist die Botschaft, die von der am Montag im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) eröffneten Ausstellung "Vergessenes Erbe Teil III - Deutsche und Tschechen im 20. Jahrh. im Schatten zweiter totalitärer Regime" ausgeht. Die tschechische Nachbarseite, sie hat die Präsentation konzipiert und gestaltet, weicht der kritischen Auseinandersetzung mit diesem zeitgeschichtlich brisanten Geschichtsabschnitt vom 1. Weltkrieg bis zum Ende der kommunistischen Herrschaft 1989 nicht aus. Eine ebenfalls miteröffnete Ausstellung widmet sich einem Landstrich zwischen Waldsassen und Eger (Cheb), "Fraisch" genannt.
Groß war das Publikumsinteresse an der Eröffnung dieser hochinteressanten Ausstellungen. Hans Eibauer, Leiter des CeBB, dankte eingangs den Autoren, die sich in der Ausstellung mit der schlimmsten Epoche für Deutsche und Tschechen auseinandersetzen. Ihnen gelang es, die acht Jahrzehnte, in teils dramatischer Weise, mit immens vielen Dokumenten und Exponaten anschaulich zu gliedern. Unter den zahlreichen Gästen aus beiden Nachbarländern begrüßte Hans Eibauer besonders Landrat Volker Liedtke, Bürgermeisterin Birgit Höcherl, Bavaria Bohemia e.V. Vorsitzende Anne Gierlach und den Verwaltungschef der Regionsbehörde Pilsen, Jiři Leščinský, der mit vielen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Kulturverantwortlichen aus der Region Pilsen nach Schönsee kam.
Als erste Grußwortrednerin betonte Dr. Jana Hutníková, Leiterin des Böhmerwald-Museums in Tachov (Tachau) und Exekutivmitglied der Vereinigung der Museen und Galerien der Tschechischen Republik, dass jeder von uns ein „Stück Totalitarismus“ in sich trüge. Deshalb sei die Auseinandersetzung mit diesem Abschnitt der Geschichte ein wichtiger Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung.
Die einführenden Worte zur Ausstellung „Deutsche und Tschechen im 20. Jahrhundert im Schatten zweier totalitärer Regime“ sprachen die beiden Autoren, Dr. Irena Bukačová, Leiterin des Museums und der Galerie Pilsen-Nord und Dr. Pavel Suk, Historiker und Leiter der Kulturabteilung der Region Pilsen. Thema sind die historischen Hintergründe deutscher und tschechischer Schicksale im 20. Jahrhundert in zwei aufeinander folgenden totalitären Systemen. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Fotografien, Veröffentlichungen, Dokumente und Gegenstände, die sehr anschaulich den Übergang von der ersten auf die zweite Republik, die Zeit des Protektorats Böhmen und Mähren, das Münchner Abkommen, die Besetzung der Tschechoslowakei durch Hitler mit all ihrem Leid im II. Weltkrieg und die anschließende Vertreibung der Sudetendeutschen zeigen. Der letzte Teil der Ausstellung befasst sich mit dem erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs möglichen Aufbau guter nachbarschaftlicher und freundschaftlicher deutsch-tschechischer Beziehungen in einem erweiterten Europa. Dr. Irena Bukačová äußerte die Bitte, sich von den Schatten der Vergangenheit nicht entmutigen oder gar „depressiv” machen zu lassen.
Die zweite Ausstellung über die “Fraisch”, einer bayerisch-böhmischne Region zwischen Waldsassen und Eger, ist eine Leihgabe des Bayerischen Grenzmuseums Schirnding. Der Historiker Dr. Karl W. Schubsky nahm die Besucher in seiner mit Leidenschaft vorgetragenen Einführung mit in die Zeit zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert, als in diesem Gebiet, ausgelöst von einem Mord im Jahr 1589, die Herrschaft über die dortigen Gemeinden bis 1862 jedes Jahr zwischen Bayern und Böhmen wechselte.
Das Pilsner Gesangstrio, alle drei sind Mitglieder der Vereinigung der Deutschen in Böhmen, setzte zwischen den Reden für deutsche Ohren vertraute gesangliche Akzente. Im Anschluss an den offiziellen Teil trafen sich die Gäste dicht gedrängt zum Stehempfang mit kulinarischen Köstlichkeiten, beigesteuert vom Kreismuseum Pilsen-Nord und musikalisch umrahmt vom JD.&FN. Jazz Trio.
Am 14.11.12, 18 h, stellen sich die beiden Autoren der Ausstellung, Dr. Irena Bukačová und Dr. Pavel Suk im CeBB einer Diskussion zu den Inhalten und geschichtlichen Abläufen. Diese geben bestimmt genügend Diskussionsstoff. Die Öffentlichkeit ist eingeladen, Fragen zu stellen und Meinungen zu äußern, dies kann vorab schon über die Facebook-Seite des CeBB geschehen. Die Ausstellungen sind bis 25.11.12 täglich zu sehen.