Verwertungsgesellschaft – Kunstlabel aus Coburg
Unter dem Label Verwertungsgesellschaft hat sich das Duo Oliver Hess / Martin Droschke der konstruktiven und dekonstruktiven Respektlosigkeit gegenüber den Ikonen der Kunst und der Literatur verschrieben.
In Objekten, Bildern, Installationen und Konzepten spielt es ironisch mit der Selbstverständlichkeit, mit der Hochkultur bewundert, geschützt und gefördert wird. Steckenpferd des Labels sind Aktionen, die Kulturbürger und kulturferne Schichten spieltherapeutisch dazu veranlassen, ihr persönliches Verhältnis zum Fetisch Literatur und Kunst neu anzuordnen.
Die Verwertungsgesellschaft verhält sich dabei gegenüber der Frage nicht neutral, was einen literarischen Text und ein künstlerisches Oevre wertvoll macht (und für wen). Freilich besteht sie darauf, sich bei ihren eigenen Bewertungen widersprechen zu müssen. Dieses Handeln wird von der Mehrheit des Publikums meist anders als gewollt verstanden. Die Missionen scheitern im Stil eines Don Quijote, denn auch die Verwertungsgesellschaft sucht sich nur solche Gegner, die eigentlich gar keine sind.
Die Verwertungsgesellschaft ist immer interessiert an Anfragen für Aktionen, bei denen das Publikum meist involviert wird, und für Ausstellungen.
Arbeitsbeispiele:
Buchstabennudeledition der Weltliteratur:
Reduziert den Kanon dessen, was als Zeichen guter Bildung in jeden Haushalt gehört, auf das Wesentliche. Jeder Band besteht aus einem mit Buchstabennudeln gefüllten Karton. Die Verwertungsgesellschaft betont den gesundheitlichen Mehrwert ihrer Edition: Lesen wäre schlecht für die Augen. Erhältlich sind die 25 Bände des Kanon A) – die Edition ist auf 100 Bände angelegt. Eine günstige Volksausgabe wurde parallel gestartet.
Edition „G-Dichte“:
Hauptwerke der Lyrik, perfektioniert. Bis auf das G werden alle Buchstaben aus einem Gedichtband der Weltliteratur abgeschabt. „Laut Definition“, so der Typografiekünstler Oliver Hess, „bezeichnet ein Gedicht einen bis zum äußersten verdichteten Text. Das Wort selbst sagt uns, woraus seine Dichte im Idealfall besteht – nur aus G’s. Also habe ich alle anderen Buchstaben entfernt.“
Entschärfung lebensbedrohlicher Literatur:
Pablo Nerudas Gedichtband „Aufenthalt auf Erden“ hat bei seinem Erscheinen in den 1930er Jahren eine Selbstmordwelle ausgelöst. Junge Männer haben sich in den Tod – und damit Angehörige in die Verzweiflung – gestürzt. Das darf sich nie wiederholen! Um kommende Generationen zu schützen, nimmt die Verwertungsgesellschaft Nerudas Gedichte aus der Welt heraus. Indem die sie mit Buchstabennudeln nachschreibt und diese in Gläser abfüllt, bannt sie ihre Gefährlichkeit.
Die Verwertungsgesellschaft wird vertreten von der Bunsen Goetz Galerie, Nürnberg