Porta fontium – Bayerisch-tschechisches Netzwerk digitaler Geschichtsquellen
Das Zusammenleben der Deutschen und Tschechen war und ist immer noch durch eine Vielzahl von geschichtlichen Ereignissen und die daraus entstandenen Unstimmigkeiten geprägt. In Folge der gemeinsamen Geschichte kam es zu einer gewaltsamen Zerreißung von vielen wertvollen Archivbeständen, die heute in bayerischen und tschechischen Staatsarchiven deponiert sind.
Das Gebietsarchiv in Pilsen und die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns in München realisieren mit Porta fontium ein gemeinsames grenzüberschreitendes Projekt, um die in der Vergangenheit auseinander gerissenen Archivbestände in einem virtuellen Ganzen wieder zusammenzufügen. Dies wird mithilfe einer umfassenden Digitalisierung und überhaupt mit digitalen Medien geschehen (gemeinsame Webpräsenz und virtuelle Rekonstruktion im Internet).
In den tschechischen Archiven wird eine große Menge von Archivbeständen aufbewahrt, die einen direkten Bezug zur Geschichte der Sudetendeutschen und des bayerischen Grenzraums haben. Auf der anderen Seite hat das Bayerische Hauptstaatsarchiv als Depositum die Bestände des Sudetendeutschen Archivs übernommen; in diesem befinden sich sehr viele Archivalien, die einen direkten Bezug zum heutigen Gebiet der Tschechischen Republik haben. Die Archivalien des Sudetendeutschen Archivs wurden zum Teil mit der Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung nach dem 2. Weltkrieg über die Grenze getragen. Es handelt sich um Archivalien aus der Provenienz der Stadt- und Gemeindearchive, um Fotos, adlige und kirchliche Archive, um Gemeinde, Pfarr- und Schulchroniken und andere Archivalien von lokaler und regionaler Bedeutung.
Im Staatsarchiv Amberg wird mit dem Klosterarchiv von Waldsassen ein überregional herausragender und besonders für den tschechischen Grenzraum hochinteressanter Archivbestand mit seinen Urkunden in das Projekt eingebracht.
Mit der Realisierung des Projekts “Bayerisch-tschechisches Netzwerk digitaler Geschichtsquellen” werden 65 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs zusammengehörige Archivalien in ein virtuelles Ganzes zusammengeführt. Dabei werden digitale Reproduktionen entstehen, die dann mittels eines Webservers der breiten Öffentlichkeit sowie Wissenschaftlern und Heimatforschern präsentiert werden.
Durch die Zusammenarbeit von Archivaren, Historikern und anderern Fachkräften soll auch wesentlich intensiver als bisher an nicht veröffentlichten “unbekannten” Archivalien, sog. Bohemika und Sudetika, in den Archiven beider Seiten gearbeitet werden.
Die Realisierung dieses Projektes wird wesentlich zur Entwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen beitragen, bildet aber auch eine musterhafte Präsentationsplattform für die fachliche interarchivische Kommunikation und die Kommunikation zwischen den historischen Arbeitsstellen, aber auch von weiteren fachlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen.