Kloster Vyšší Brod
Das Zisterzienserkloster Vyšší Brod liegt etwa 30 km südlich von Český Krumlov entfernt, auf dem rechten Ufer des Flusses Vltava (Moldau). Im Vorland des Böhmerwaldes, inmitten einer reich bewaldeten und romantischen Landschaft liegen am rechten Ufer des Oberlaufs der Moldau Stadt und Kloster Vyšší Brod.
Die Zisterzienserabtei Vyšší Brod (lateinisch Altovadum, deutsch Hohenfurth) wurde im Jahre 1259 von Lehnsherr Vok von Rosenberg gegründet. Der Legende zufolge geschah dies aus Dankbarkeit für die wunderbare Rettung des Adeligen aus den tosenden Fluten der Moldau, wo der Ertrinkende die heilige Jungfrau Maria um Hilfe bat. Das Andenken an das im Jahre 1611 ausgestorbene, berühmte böhmische Adelsgeschlecht der Rosenberger bewahren bis heute die Zisterzienser, die sich zur Zeit bemühen, das ihnen nach 40 Jahren vom Staat zurückgegebene Kloster zu renovieren, damit es wieder ein geistliches und kulturelles Zentrum der Region werde.
1719 kam die Gönnerschaft der Abtei an das Geschlecht der Schwarzenberger, nachdem die Eggenberger diese von der Gründerfamilie der Rosenberger übernommen hatten. 1941-1945 beschlagnahmte die SS das Kloster und von 1950 wurde die Abtei vom tschechoslowakischen Staat bis zur “Wende” 1990 als Museum verwendet. 1991 wurde der Kern der Abtei dem Zisterzienserorden zurückgegeben.
Beschreibung des Objektes:
- Die Klosterkirche ist ein wichtiger Bestandteil des Klosters. Ihre Fundamente waren kurz nach der Klostergründung im 13. Jh. gelegt worden. Das ganze Bauwerk wurde ca. 100 Jahre später vollendet. Ihr Grundriss ist ein nach Osten ausgerichtetes Kreuz. Die 2 Seitenschiffe sind gleich hoch wie das Mittelschiff. Im Querschiff wurden, für Zisterzienserkirchen kennzeichnend, 4 Kapellen errichtet. Die Höhe der Kirche bis zum Gewölbe beträgt 17,5 m, die Länge 52 m, die Breite im Querschiff 29 m.
- Der Mönchschor befindet sich in der Mitte des Hauptschiffes. Abt Candidus Heidrich (1725) ließ diesen durch Josef Raffer, einen Laienbruder des Klosters, anfertigen. Raffer schuf zugleich die Beicht-stühle in der Kirche und die Bücherschränke in der Bibliothek. Das Chorgestühl wurde aus Holz herge-stellt, reich mit Gold und Intarsien verziert, und sein Abschluss mit den Statuen bedeutender Persönlichkeiten der Kirche geschmückt. Der Chor ist für das klösterliche Leben unentbehrlich und dient zum Meditieren und regelmäßigen, gemeinsamen Gebet der Mönche – das Singen oder Rezitieren des Stundengebetes (d.h. zu regelmäßigen Tageszeiten). Von den insgesamt 8 Altären der Kirche sind die 2 ältesten besonders bemerkenswert: Die spätgotischen Altäre der hl. Barbara (1525, links) und des hl. Rochus (1524, rechts). Von den 2 Orgeln steht die größere (19. Jh.) auf der Barockempore über dem Haupteingang, die kleinere ist in die linke Chorseite eingebaut.
- Der Hauptaltar ist frühbarock und füllt die ganze Front im Presbyterium. Er wurde in den Jahren 1644-46 von zwei Laienbrüdern – dem Holzschnitzer Linhart Wulliman und dem Maler Georgius – ge-schaffen. Der Altar besteht aus Holz und ist reich vergoldet. Das Hauptaltarbild wird während des Jahres, je nach der liturgischen Zeit, viermal gewechselt. Das Bild der Himmelfahrt Mariens, deren Fest wir am 15. August feiern und die zugleich die Patronin des Klosters und des ganzen Ordens ist, wurde von J. Houska (1654) nach einer Vorlage von Josef Heinz gemalt. An den Altarseiten sieht man 2 Statuen in übernatürlicher Größe: Links den ersten Papst aus der Reihe der Zisterzienser – Eugen III., und rechts den Ordensvater – Bernhard v. Clairvaux. Die Seitenwände des Presbyteriums waren ursprünglich mit gotischen Fresken versehen, die im 19. Jh. zum größten Teil zerstört wurden. Ihre Reste sind heute von zwei großen Bildern auf Leinen überdeckt. Das Bild von Josef V. Mellich auf der rechten Seite erzählt von der wunderbaren Rettung des Klostergründers (Vok v. Rosenberg) aus dem Hochwasser der Moldau. Das Bild von Bartoloměj Čurna, links, zeigt die Einführung der ersten Mönche ins Kloster und die Übergabe der Kirche an die Jungfrau Maria durch Vok v. Rosenberg und seine Gattin Hedwig v. Schaumburg.
- Die Benediktuskapelle hat im Boden einen eingearbeiteten Grabstein des Grafen Jan Zrinský, der ab 1597 der Erbe der Rosenbergerherrschaft war und 1612 ebenso kinderlos starb. Er war der Sohn der letzen Rosenbergerin Eva v. Rosenberg und des weltbekannten Kriegers gegen die Türken, Nikol. Zrinský.
- Die Bernhardskapelle hat im Boden die Figuralgrabsteine der Äbte aus dem 17. Jh.
- Die Marienkapelle hat auf dem neogotischen Altar das Gnadenbild Unserer Lieben Frau, das als “die Hohenfurther Madonna” bekannt ist. Es ist ein Werk von außerordentlicher Qualität und ist kurz nach dem Jahr 1400 entstanden. Was den Stil und auch die Motive der böhmischen Patrone im unteren Teil des Bildrandes betrifft, wird es der tschechischen Malerschule zugeschrieben. Der Maler ist, wie das im Mit-telalter üblich war, unbekannt. Das ausgestellte Bild ist eine Kopie aus dem Jahre 1939 von Prof. Bohuslav Slánský. Neben dem Südteil des Querschiffes liegt der älteste Teil des Klosters, die heutige Sakristei. Oberhalb der Tür, die in die Sakristei führt, befindet sich ein schönes Portal, das mit großer Kunstfertigkeit entworfen wurde – ein sogenannten Tympanon. Dieses zeigt das biblische Motiv: “Die Füchse im Weinberg”.
- Die Bildergalerie befindet sich im ersten Stock über dem westlichen Seitenflügel des Kreuzganges. Sie ist durch den Umbau der klösterlichen Zellen (1835-38) nach den Plänen des Baumeisters Karl Jambora aus Krumau im neoklassizistischen Stil entstanden. Sie ist ein dreischiffiger Saal mit böhmischen Gewölben auf toskanischen Säulen. Sehenswert ist in der Galerie eine Sammlung böhmischer Barockmalerei. Zu den bedeutendsten Malern gehören P. Brandl, J.K. Hirschelly und N. Grund. Von den zurückgegebenen Sammlungen kann man die liturgischen Gegenstände aus dem 17. und 18. Jh. besichtigen.
- Der Bibliotheksgang ist zusammen mit der Bildgalerie entstanden und umfasst überwiegend neuere Fachliteratur aus dem 19. Jh. und dem beginnenden 20. Jh. Beachtenswert sind die Medaillonbildnisse der Äbte aus dem 16. bis 19. Jh., die oberhalb der Bibliothekschränke aufgestellt sind.
- Der Philosophische Saal ist von beiden Bibliotheksälen der kleinere und umfasst Werke vor allem aus der Philosophie. An der Saaldecke gibt es ein Fresko von Laienbruder Lukáš Vávra mit dem alttestamentlichen Motiv des Salomonischen Urteils (2. Hälfte des 18. Jh.). Auf dem Tisch unter Glas wird eine reich detaillierte Landkarte Böhmens von Müller (1720) ausgestellt. Über den Fenstern hängen lateinische Zitate des hl. Bernhard, die eine Ausbildung zum Dienst am Nächsten loben.
- Der Theologische Saal ist der größte Raum unter den Bibliotheksräumen des Klosters. Er enthält theologische Literatur, von der vor allem eine umfangreiche Bibelsammlung in mehr als 40 Sprachen sehenswert ist. Die weißen Einbände aus Schweinsleder wurden Mitte des 18. Jh. auf Initiative des damaligen, hochgebildeten Abtes Quirin Mickl gefertigt. Sein Bild hängt über der Eingangstür und zeigt ihn auf dem Gipfel seiner Kräfte, im Alter von 45 Jahren (1756). Die Decke ist wiederum mit einem Fresko von L. Vávra geschmückt (Ende 18. Jh.), das diesmal ein neutestamentliches Bildmotiv darstellt: Der 12-jährige Jesus lehrt im Jerusalemer Tempel vor erstaunten Gesetzlehrern. Zur Zeit umfasst die Bibliothek insgesamt über 70.000 Bände, 200 Handschriften auf Pergament, 1.000 auf Papier und 400 Inkunabeln, d.h. Bücher, die vor 1500 gedruckt sind.
Gegenwärtige Nutzung: Im Kloster lebt eine Zisterzienserkommunität, die das Objekt allmählich rekonstruiert. Im Rahmen der Besichtigung sind die Kirche, Kapitelsaal, Bibliothek und die Gemäldegalerie zugänglich. Im Abteigebäude ist das Postmuseum untergebracht.