Dolní Dvořiště
Dolní Dvořiště (dt. Unterhaid / Niederhaid) ist eine Gemeinde im südlichen Teil der Region Český Krumlov / Krummau, die hauptsächlich als einer der wichtigsten Grenzübergänge zwischen Tschechien und Österreich bekannt ist. Der Ort liegt an der Grenze zwischen Böhmerwald und Gratzener Bergland, sein Mittelpunkt ist 28 km von Český Krumlov / Krummau entfernt. Die nächstgelegenen Städte sind: Kaplice / Kaplitz, Vyšší Brod / Hohenfurth und Freistadt.
Geschichte
Die Ortsbezeichnung Dolní Dvořiště wird erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1279 genannt. Später wurde Dolní Dvořiště auch lateinisch als Merica Philipi (Philippsweide), Merica inferior, Merica Rinoldi oder deutsch als Unterhaid oder Niederhaid bezeichnet. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts gehörte das Gebiet vermutlich zum Herrschaftsgebiet Pořešín. Ab Ende der 1460er Jahre war Dolní Dvořiště und sein Umland bereits Teil des Rosenberger Herrschaftsgebietes.
Mitte des 15. Jahrhunderts wurde auf Veranlassung Peters von Rosenberg hin in Dolní Dvořiště eine neue Kirche errichtet und dem Hl. Ägidius geweiht. Die Kirche, deren Bau im Jahre 1488 abgeschlossen wurde, ist durch ihre räumliche Gestaltung und die wertvollen steinernen Verzierungen des Innenraums und der Außenfassade ein kostbares Beispiel südböhmischer spätgotischer Baukunst. Im Jahr 1500 erteilte Peter von Rosenberg dem Städtchen Dolní Dvořiště das Siegelrecht. Das Siegel zeigt eine silberne Palisade aus fünf Pfählen mit hindurchgewundenen waagrechten Ruten auf blauem Grund. Hinter der Palisade sind zwei runde zweistöckige Türme mit Gesims zwischen den beiden Stockwerken zu sehen. Die Türme werden von fünf Zinnen und einem spitzen roten Dach mit einer goldenen Turmkugel gekrönt. Zwischen den Türmen prangt die rote Rose der Rosenbergs mit goldener Mitte und grünen, kelchförmigen Blättern.
Mit dem Tod Peter Voks von Rosenberg ging Dolní Dvořiště in das Eigentum Jan Jiřís von Švamberk (Schwamberg) über, des Erben der Rosentaler Herrschaft. Diesem gehörte das Städtchen bis es zur unglückseligen Schlacht am Weißen Berg und den nachfolgenden Konfiskationen kam. Nach der Schlacht am Weißen Berg erhielt Gral Karl Bonaventura Buquoy, der General der siegreichen kaiserlichen Armee, das konfiszierte Rosenberger Herrschaftsgebiet. Das Geschlecht der Buquoy war bis zur Aufhebung der Feudalordnung im Jahr 1848 die Obrigkeit des Ortes Dolní Dvořiště. Archivalischen Quellen zufolge war die Lebenssituation der Bevölkerung des Herrschatsgebietes zu dieser Zeit sehr ungünstig. Zu einem wirtschaftlichen Aufschwung kam es in dieser Region erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und zwar in Zusammenhang mit dem Bau einer Eisenbahntrasse, die České Budějovice mit Linz verband.
Nach der Revolution von 1848 fiel das Städtchen Dolní Dvořiště unter die politische Verwaltung der Bezirkshauptmannschaft in Kaplice. Im Ort gab es eine Schule mit vier Klassen (das heutige Gebäude der Grundschule), eine Zoll- und eine Poststation. Auch eine Brauerei und eine Mühle gehörten zum Ort. Im Jahr 1850 wurde das Rathaus umgebaut.
Im Oktober 1920 wurde für 16 tschechische Kinder eine Einklassenschule (Hausnummer 62) eröffnet. Im Jahr 1921 waren schon 24 Kinder eingeschrieben, so dass im August 1924 mit dem Bau einer neuen tschechischen Schule begonnen wurde. Bereits am 13.9.1925 wurde die Schule feierlich eröffnet. Im Jahr 1928 genehmigte das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur die Eröffnung eines Kindergartens in Dolní Dvořiště.
Das Jahr 1938 war nach der Unterzeichnung des sog. Münchner Abkommens im September desselben Jahres ein Jahr der Schande und Erniedrigung – die Republik musste auf Druck der damaligen Großmächte hin sein historisches Grenzgebiet an das sog. Großdeutsche Reich abtreten. Den größten Anteil an der anti-tschechischen Kampagne und der Abtrennung des Grenzgebietes hatte die Sudetendeutsche Partei, der es gelang, die Mehrheit der deutschsprachigen Bevölkerung des Grenzgebietes vom “Gebietsanschluss” und der “Rückkehr” ins sog. Reich zu überzeugen. Bereits am 8. Oktober 1938 rückte die deutsche Armee mit 850 Mann und 16 Offizieren in Dolní Dvořiště ein. Am 26.10.1938 zog sich diese Einheit nach Linz zurück. Die ansässigen Tschechen – vor allem Staatsbeamte und Juden – verließen den Ort. Im Jahr 1939 wurde der übrige Teil der Republik zum Protektorat Böhmen und Mähren gemacht, der 2. Weltkrieg begann.
Am 7. Mai 1945 kamen Einheiten der amerikanischen und am 9. Mai 1945 auch der sowjetischen Armee nach Dolní Dvořiště und entwaffneten die auf dem Rückzug befindlichen Kolonnen des deutschen und ungarischen Heeres. Tschechische Bürger Dolní Dvořištěs kehren in ihren Heimatort zurück. In den Jahren 1946-1947 wurden die Einwohner deutscher Nationalität vertrieben – in sieben Etappen insgesamt 173 Personen. Anfang der 1950er Jahre wurde auf Grundlage des “Gesetzes über die Staatsgrenze” eine Grenzwache eingerichtet.
Ab dem Jahr 1989 wurde ein intensiver Neubau von Einfamilienhäusern im Ortsteil “Na Husu” durchgeführt. In den Jahren 1990-1993 wurde eine Ortsumgehung der Autobahn E55 gebaut, welche ursprünglich durch die Ortsmitte geführt hatte. Die Privatwirtschaft beginnt sich zu entwickeln. Im Jahr 1994 beendet das Staatsgut seine Tätigkeit, die Wirtschaftsführung geht auf private Firmen und privat wirtschaftende Landwirte über.