Ferdinand Bučina und Tomáš Rasl | Das Vermächtnis des Bildes
Die Galerie 4 – Galerie der Fotografie lädt zu einer Ausstellung des Fotografen Ferdinand Bučina und seines Enkels Tomáš Rasl ein, die trotz des zeitlichen Abstands von mehreren Jahrzehnten eine tiefe Beziehung zur Fotografie teilen. Die Ausstellung bietet einen einzigartigen Einblick in die „Bildgenetik“ von zwei Generationen von Fotografen.
Die scheinbar disparate Gegenüberstellung zweier recht weit voneinander entfernter Epochen der Fotografie in dieser Ausstellung ist durch die enge familiäre Verbindung gerechtfertigt. Großvater Ferdinand Bučina führte seinen Enkel Tomáš Rasl in jungen Jahren an die Fotografie heran. Dieser hat dann posthum (mit Hilfe von Jan Freiberg und Kateřina Aydin) das Fotoarchiv seines Großvaters sorgfältig und liebevoll geordnet, mehrfach ausgestellt und auch in einer anschaulichen Monografie zusammengefasst. Ihre erste gemeinsame Ausstellung im Schloss Vranov im Jahr 2017 befasste sich mit den Veränderungen der Landschaft, während die aktuelle Ausstellung in Cheb sich mit dem beschäftigt, was man als „Bildgenetik“ bezeichnen kann.
Dies bietet die einmalige Gelegenheit, zwei verwandte Perspektiven auf einer Zeitachse zu sehen, die durch Jahrzehnte sozialer, politischer und technologischer Entwicklung getrennt sind. Während für Bučina die Rolleiflex eine heiße technische Neuheit war, ist für Rasl die klassische Fotografie eher eine Flucht aus der digitalen Gegenwart in eine alte Romantik. Und während Bučina die Spuren des traditionellen ländlichen Lebens einfing, die in der Region Horňácko allmählich verschwanden, bereist und fotografiert Rasl fast die ganze Welt, um seinen eigenen Platz in ihr zu verstehen.
In Bučinas Fotografien finden wir einen charmanten ethnografischen Manierismus (wie man ihn zum Beispiel von Karel Plicka kennt), aber auch die malerische Anmut und Albernheit, die die Bildzeitschriften der 1930er und 1940er Jahre gierig einforderten. Im Gegenteil, Rasl nimmt die Landschaft und das Stillleben als eine Konfiguration von Elementen wahr, als einen subjektiv und intim wahrgenommenen Raum. Wo Bučina noch das Werk und den Fleiß selbst zu sehen vermochte, findet Rasl melancholische, absurde und existenzielle Konstellationen. Anstelle eines Wagens mit Kühen steht ein riesiger Heublock auf einem Feld.
Die Doppelausstellung schließt symbolisch und verbindet mehrere Fotografien aus Island und Skandinavien, die Tomáš Rasl mit der Rolleiflex-Kamera von Bučina 1936 in der Unterkarpaten-Rus fotografierte. Die Zeitspanne von fast neun Jahrzehnten zeigt uns, wie sich das Erbe des Bildes im Laufe der Zeit verändert hat, aber immer noch vom gleichen Verlangen und Staunen angetrieben wird.
Pavel Vančát, Kurator der Ausstellung
Ferdinand Bučina (*1909 – †1994) war ein tschechischer Fotograf, Kameramann und Fotojournalist. Er wurde durch die Pfadfinderbewegung zur Natur- und Landschaftsfotografie hingezogen und begann nach einem abgebrochenen Jurastudium in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre mit der Dokumentation der Unterkarpaten-Rus. In den Jahren 1940-1944 war er Lehrling bei der Firma Illek und Paul in Prag. Er arbeitete mit Zeitschriften zusammen, drehte Filmreportagen und widmete sich später der Fotografie des traditionellen ländlichen Lebens, insbesondere in Horňácko und Javorník. Nach dem Krieg veröffentlichte er Bücher über die Natur, Prag und historische Denkmäler. Besonders bekannt ist er für seine Dokumentaraufnahmen des Lebens und der Volkstraditionen in dem Dorf Javorník in den Weißen Karpaten.
Tomáš Rasl (*1975) ist ein Fotograf, dessen Thema zum einen die Landschaft ist, die er mit dem Gefühl eines Pilgers und Beobachters einfängt, zum anderen das konzeptionelle Stillleben, das durch sein Studium an der FAMU in Prag beeinflusst wurde. Er arbeitet an Langzeitserien wie „Remízek“ oder „Places proud and desolate“. Er beteiligt sich auch an Autorenadaptionen, druckt auf Holzplatten, verwendet traditionelle fotografische Techniken und experimentelle Ansätze. Derzeit unterrichtet er praktische Fotografie an der „Hellich-Schule“ in Prag. Seit 2002 ist er das jüngste Mitglied der tschechischen Holzschnittgruppe (Helbich, Kuklík, Reich, Beneš, Prokůpek), die mit großformatiger analoger Fotografie arbeitet. Tomáš Rasl ist der Enkel von Ferdinand Bučina.
„Meine schönste Erinnerung an die Fotografie ist eine gelb blühende Wiese in der Nähe von Ostrovec in Südböhmen, wo mein Großvater zu seinem eigenen Vergnügen Rohrweihen fotografierte. Kaum hatte er sich umgedreht, trat ich im Schlamm auf seine Brille. Trotz aller Unfälle nahm er mich überall hin mit. Mit ihm verbrachte ich als Kind eine glückliche Zeit. Ich bin ihm dankbar, dass er mir beigebracht hat, nicht nur die Natur, sondern auch die Welt auf dem Kopf stehend auf der Matrix eines fotografischen Apparates zu beobachten.“