Bořivoj Hořínek | Fotograf auf der Insel
Die Galerie 4 – Galerie der Fotografie präsentiert eine Ausstellung des Karlsbader Künstlers und Fotografen Bořivoj Hořínek.
Seit den 1980er Jahren befasst sich der Autor in seinem Werk mit einer spezifischen Form der Umgestaltung der Realität, oft durch visuelle Täuschungen. Für sein ursprüngliches fotografisches Konzept verwendet er eine sich entfaltende (gleichsam antiperspektivische) Anordnung verschiedener, meist natürlicher Elemente im Raum. In der daraus resultierenden “Aufzeichnung”, wie der Autor seine Fotografien nennt, bilden die abgebildeten komponierten Elemente ein nahezu perfektes Quadrat, das sich durch seine Flächigkeit und Exaktheit von der umgebenden Realität in klassischer Perspektive abhebt. Diese spielerischen Manipulationen der Raum- und Perspektivwahrnehmung sind vielleicht Hoříneks bekannteste Aufzeichnungen, aber der Künstler schuf und schafft seine beliebten quadratischen Kompositionen auch auf andere Weise und mit anderen Zielen, zum Beispiel als Aufzeichnungen von Ereignissen, bei denen in einem Quadrat platzierte Schnecken allmählich ihren Platz verlassen und der Künstler die Veränderungen der Positionen und die daraus resultierende Form des Werks in vorgegebenen Zeitabfolgen festhält.
Jan Samec
Bořivoj Hořínek wurde 1948 in Vilémov geboren, er studierte von 1964 bis 1968 an der Höheren Graphischen Fachschule in Prag und später Kunstfotografie an der FAMU ebenfalls in Prag. Nach seinem Abschluss an der FAMU widmete er sich zunächst der Werbung, vor allem der Illustration und grafischen Gestaltung von Büchern, Plakaten, Plattencovern usw. Später schuf er eine Reihe von konkreten Realisierungen in den Innenräumen von Kurhäusern und Hotels in der Karlsbader Region. Seine großformatigen abstrakten Fotografien befinden sich auch in der Regionalbibliothek in Karlovy Vary (Karlsbad). Er ist Mitglied der Assoziation der Berufsfotografen und der Union der bildenden Künstler. Neben der Fotografie beschäftigt er sich auch mit Videokunst und Installationskunst. Er lebt und arbeitet in Ostrov nad Ohří.
Eine Rezension des Filmkritikers Jan Lukeš über einen Dokumentarfilm, dessen Titel auch für den Ausstellungstitel Bořivoj Hořínek / Fotograf auf einer Insel ausschlaggebend war:
Der Sohn des Künstlers, Bořivoj Hořínek jr., dreht seit 2020 einen Dokumentarfilm über ihn, der nicht nur über das Leben und die Arbeit seines Vaters in Ostrov berichten soll, sondern auch wirklich “auf der Insel”, in einer fast Robinsonschen Abgeschiedenheit vom Zentrum, fast auf einer Art künstlerischem Rückzug. Wer die Sorel-eske Szenerie der Grenzstadt Ostrov und ihrer Umgebung, ihre Vergangenheit als Sudetenland-, Konzentrations-, Besatzungs- und Nachkriegslager kennt, wird dieser Ansicht schnell Glauben schenken. Er oder sie wird überrascht sein, wie sich die Symbolik der realen Insel, wenn auch nur in der bildlichen Illusion, schließlich in der Geschichte widerspiegelt. Und er wird sich über den Kontrast zwischen der Stadt und den Orten und dem geistigen Hintergrund der Arbeit des Fotografen wundern.
Was macht eigentlich das Gewicht und den Wert des Lebens aus, will der Dokumentarfilm fragen, der dabei auch zu einer unerwartet authentischen Entdeckung des Künstlers hinter den Marketingkulissen werden kann. Mit seinen Projekten war Bořivoj Hořínek späteren berühmten Werken ausländischer Künstler voraus, und allein dieser Moment könnte eine Brücke zum Interesse an seiner Persönlichkeit nicht nur in Tschechien, sondern auch im Ausland sein. Sein freies fotografisches Werk ist nicht örtlich begrenzt, es spricht durch bildliche Suggestion und konzeptionelles Spiel mit Formen und Materialien und ist daher allgemein kommunikativ. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, wie schwierig es ist, Kunst zu schaffen, die nicht aus Fördermitteln, sondern aus der Seele kommt…
Jan Lukeš