Sedláček-Quartett begeistert Zuhörer im Waldsassener Kasten
Ansteckende Musizierfreude des Sedláček-Streichquartettes begeistert am 25.08.2019 bei Kaiserwetter Zuhörer im Innenhofs im Waldsassener Kasten Weiden.
In Zusammenarbeit mit den tschechischen Projektpartnern Plzen2015 und Kulturista veranstaltet das Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) im Rahmen des Bayerisch-Böhmischen Barockfestivals Konzerte in der Barockregion Bayern und Böhmen.
So wurde auch der Waldsassener Kasten des Barockarchitekten Pilipp Muttone in Weiden für das Konzert des Sedláček-Quartetts ausgewählt. In die Mode der Zeit des 30-jährigen Krieges gekleidet empfingen Offiziere, Musketiere und Marketenderinnen des „Fähnlein von der Weyden“ die Gäste. Mit Fahne und Langspießen ausgerüstet, sorgen sie für die Sicherheit der vielen Konzertbesucher und der vier Streicher aus Prag mit ihren wertvollen Instrumenten.
Bereits zu Beginn erweckt das Streichquartett eine selten zu hörende Suite in g-Moll des Wiener Hofkomponisten und Hofkapellmeisters Johann Joseph Fux. Mit sympathischem jugendlichem Mut befreien sie diese lebhafte Komposition von allem barocken Staub. Durch akkurates Zupacken, liebevoller Behandlung der zarten Passagen, wirken die einzelnen Sätze frisch und lebendig. Völliges Kontrastprogramm zur barocken Pracht und Verspieltheit im Streichquartett Nr. 1 in c-Moll von Karel B. Jirák rüttelt die Zuhörer im stimmungsvollen Innenhof des Waldsassener Kastens auf.
Der in Prag ausgebildete Jirák wirkte als Kapellmeister der Hamburger Oper, führte später das Prager Rundfunkorchester. 1947 emigrierte er nach Chicago. Bereits mit den ersten Akkorden seines Streichquartetts fesselt er die Zuhörer. Die kurzen Sätze, meist mit Überleitungen durch den hervorragenden Cellisten, überzeugen mit spritzigen Ideen, lyrischen Momenten, sowie mit raffinierter Präsentation der Vielfalt der Klangverbindungen in einem Streichquartett. Wunderbare Melodien, kraftvolle – schon orchestrale Dichte – sorgen für Spannung. Der Komponist wechselt immer wieder zwischen durchsichtigen Cantilenen der einzelnen Instrumente hin zu modernem orchestralen Klang, von majestätischem Forte bis in kaum hörbares Piano, von anrührenden Zitaten böhmischer Lieder bis zu aufgeschichteten Blöcken und vorwegnehmende Reduktion des Klang-materials auf das Wesentliche.
Klänge ohne Vibrato, Einsatz von Dämpfern auf der Geige, verschiedenste Stricharten und Pizzikati faszinieren. Das excellente Gespür, spieltechnische Können und die Überzeugungskraft weisen das Ensemble als Meister auch zeitgenössischer Werke aus. Die präzise und packende Interpretation dieses “musikalischen Krimis“ verfolgen die Zuhörer das Werk von Jirák ergriffen und aufmerksam. Mit dem Streichquartett Nr. 10 in G-Dur von Jan Adam František de Paula Ritter von Míča wird zurückgeführt in die Zeit Mozarts. Die eingängigen und fröhlichen Themen werden sommerlich leicht, tänzerisch und mit enormer Spielfreude zelebriert.
Am Ende des Konzerts erklingen „Frühling“ (Violinkonzert E-Dur) und „Sommer“ (Violinkonzert g-Moll) des Venediger Antonio Vivaldi. Im Frühling werden ein Volkstanz, der Gesang von Vögeln, das Murmeln der Quellen, ein schlafender Ziegenhirt, ein bellender Hund, aber auch Zephirwinde, Blitz und Donner abgebildet. Im „Sommer“ wird das Schmachten von Mensch, Tier und Pflanzen in der sengenden Sonne, der Vogelgesang von Kuckuck, des Distelfinks und der Turteltaube nachgezeichnet. Auch hier gibt es eine Furcht vor einem Gewitter. Das Violinkonzert endet mit stürmischen Sommerwetter. Diese überaus bekannten Violinkonzerte offenbarten die überlegene Virtuosität des Primgeigers wie auch die seiner Partner.
Michal Sedláček versinkt förmlich in der Musik. Er wird eins mit seinem hervorragenden Instrument, beherrscht den Bogen in jedem Moment – auch in den leisesten Passagen – absolut souverän. Nie vergisst er seine Partner ebenso ins Spiel zu bringen, so dass lebendige Musik entsteht, die von den Musikern mit großer Empathie auf die Zuhörer übertragen wird. An keiner Stelle wird ein begleitendes Orchester vermisst. Die innige Kommunikation von Primarius Sedláček mit seinem Geigenpartner Jan Macecek, Thomás Krejbich (Viola) und Matej Stepánek (Violoncello) beweisen modernes Teamdenken, die Gleichwertigkeit innerhalb der noch jungen Formation.
Beseelter Streicherklang, hohe Virtuosität, durchdachte Interpretation mit erstaunlicher Präzision und dem Mut, auch unbekanntere Werke aus alter Zeit zu entstauben und in der Gegenwart zu frischem Leben zu erwecken, zeichnen dieses bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Ensemble aus. Ihr Spielwitz, Anmut und Charme, sowie die geschickte Auswahl der Literatur überzeugen die anspruchsvollen oberpfälzer Zuhörer, was mit lang anhaltendem und stürmischen Beifall belohnt wird. Das „Fähnlein von der Weyden“ konnte ohne besondere Vorkommnisse abrücken.
Quelle: Franz Lahm, 26.08.2019