KulturTour nach Karlsbad
Stadttheater Karlsbad: Kein Klassiker auf dem Spielplan, dafür eine Zeitreise durch 100 Jahre tschechische Geschichte. Experiment gewagt und Begeisterung geerntet.
„So ein experimentelles Theaterstück bleibt viel länger in Erinnerung als jeder Klassiker. Für mich war der Abend äußerst eindrucksvoll. Jetzt habe ich einen ganz anderen Bezug zur Geschichte unseres Nachbarlandes.“ Ähnlich wie Dr. Manfred Hausel aus Weiden drückten die Teilnehmer ihre Begeisterung über die KulturTour nach Karlsbad von Bavaria Bohemia e.V. /CeBB am letzten Oktobersamstag aus. Das Reiseleiterteam mit Gabi Dlubal, Susanne Setzer und Kamila Spichtinger hatte ein Experiment gewagt und die Premiere des modernen Theaterstücks „Boryš umí po skalinách“ / „Borys erklimmt die Felsen“ als Abendprogramm im Karlsbader Stadttheater ausgewählt.
100 Jahre tschechische Staatlichkeit war der Auslöser für die Inszenierung von Choreograf Ivana Dukič und Regisseur Zdeněk Bartoš mit dem gemeinsamen Ensemble der Bühnen Cheb (Eger) und Karlsbad. Ein Theaterstück, in dem der Kletterkünstler Vlastimil Boryš die wechselvolle Geschichte unseres Nachbarlandes durchlebt. Der geschichtliche Bogen spannte sich von der Gründung der Tschechoslowakei als eigenständige Republik im Oktober 1918 bis in die heutige Zeit als ein buntes Kaleidoskop mit Musik und Tanz, Filmausschnitten, Dialogen und Slapstick. Ein Stück mit Humor und Raffinesse, aber auch Tiefgang, das das enorm ambitionierte Ensemble beeindruckend, höchst präzise und unterhaltsam auf die Bühne brachte. Szenen über die Zeit tschechischer Aufstiege und Abstürze – angelehnt an das Leben des bekanntesten tschechischen Bergsteigers Vlastimil Boryš, der mit einer Buchstabenverschiebung im Text der Nationalhymne auftaucht. Er wurde am 28. Oktober 1918 im Stall des Schlosses in Chyše in der Karlsbader Region von deutscher Mutter und tschechischem Vater geboren.
Im Theater durchlebt er als Held und Augenzeuge ein Jahrhundert tschechischer Geschichte. Ob es sich um die Ereignisse des 2. Weltkrieges, die Vertreibung der Sudetendeutschen, die kommunistische Machtergreifung 1948, den Prager Frühling 1968, die Samtene Revolution 1989 und die Nachwendezeit bis in die Gegenwart handelt – Vlastimil Boryš hat alles erlebt. Er ist im wahrsten Sinn des Wortes ein Unikat, der nie Hoffnung und Mut verloren hat. Im Vorfeld sorgte das Stück für viel Arbeit. Denn aus dem angekündigten „Theater ohne Worte“ wurde ein fast zweistündiges Werk mit sehr viel tschechischem Text. So waren die Mitarbeiter im CeBB in tagelanger Arbeit gefordert und übersetzten das Stück ins Deutsche. Dank der Erklärungen von Kamila Spichtinger, die eine echte Tschechien-Kennerin ist, war das Theaterstück mit deutschen Untertiteln für die Gäste der Kulturtour gut verständlich.
Vor dem Theaterabend besuchte die 50-köpfige Gruppe die weltbekannte Glasmanufaktur Moser, die im Jahr 1857 Ludwig Moser, ein begabter Graveur und Händler, gründete. Schon bald bestellten Monarchen, später auch Präsidenten, ihre Champagnergläser bei Moser. Ende des 20. Jahrhundert ist das Moserglas in vielen Adelshäusern zu finden. Der Beiname „Das Glas der Könige“ kommt nicht von ungefähr. Im angeschlossenen Museum reihen sich alte Pokale, mit Malerei und Email verziert und vergoldet, aber auch moderne Glasobjekte in den Vitrinen. Produziert wird immer noch. Heute sind prächtige Farbgläser, Vasen mit geschliffen, geätzten oder vergoldetem Dekor gefragt. In Karlsbad wird gesagt: „Was die Rolex unter den Uhren, ist das Moser unter den Gläsern“. Anschließend genoss die Gruppe das Abendessen im stilvollen zweistöckigen Grande Madonna Restaurant direkt im Herzen Karlsbads.
Die Reiseteilnehmer bedankten sich beim CeBB -Team mit Gabi, Kamila und Susanne mit Komplimenten für die perfekt organisierte und außergewöhnliche KulturTour nach Karlsbad. Als nächstes steht die Weihnachtstour am Samstag, 15. Dezember in die Goldene Stadt Prag mit Besuch der Weihnachtsmärkte und eines Weihnachtskonzerts im Konzertsaal des Klementinum auf dem Programm. Anmeldungen nimmt Susanne Setzer unter susanne.setzer@cebb.de und telefonisch unter 09674-92 48 79 entgegen.