Die Schule von Marcel Marceau war zu spüren
Pantomime Guérassim Dichliev fasziniert die Zuschauer bei seinem Auftritt im Centrum Bavaria Bohemia.
Am 1. September startete Pantomime-Künstler Guérassim Dichliev in Paris mit dem Fahrrad, am 4. Oktober wird er in seiner bulgarischen Heimatstadt Svilengrad landen. Durch sieben Länder führt die Kunst-Rad-Reise. Jeden der 34 Tage schließt der seit 21 Jahren in Paris lebende Künstler abends an interessanten Kulturorten mit seinem Pantomime-Akt “Monolog mit einem Koffer” ab. Das Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) war am 11.09.14 die letzte Station in Deutschland, nächster Ort im Fahrplan ist Pilsen, Kulturhauptstadt Europas 2015.
Ida Pětioká, seit Anfang Juli Europäische Freiwillige im CeBB, bestand mit der Organisation der Veranstaltung, der Betreuung des Künstlers und der Begrüßung der Gäste ihre erste Herausforderung im CeBB mit Bravour. Die Sitzstufen im Medienraum waren voll besetzt, Spannung auf den Auftritt des Künstlers lag in der Luft. Mit der Bodenlandkarte als Bühne hatte sich Guérassim Dichliev einen idealen Auftrittsort ausgewählt. Zuerst Wortfetzen in französischer, bulgarischer, englischer und deutscher Sprache – mehr brauchte es nicht für die für einen Pantomimen zweitrangige verbale Kommunikation mit dem Publikum. “Gute Nacht, macht 5 Sekunden die Augen zu, dann geht es los”, hatte er sich in Deutsch für den Anfang des Stücks eingeprägt.
Schnell gewann der Künstler die Zuschauer mit seinem einstündigen “Monolog mit einem Koffer” auf seine Seite. Jede Geste, jede Bewegung, jedes ausgesprochene Wort über sein Leben, seine Geschichte – in welcher Sprache auch immer – vertiefte die Beziehung mit den Gästen. Am Beginn des Stücks stand er seinem Koffer eher abweisend gegenüber, warf ihn zu Boden, machte große Bögen um ihn. Im Lauf der Geschichte näherte sich Guérassim Dichliev immer mehr dem Koffer an, streichelte darüber und drückte in einfühlsamen mimischen Gesten aus, dass er zu seinem vertrauten Begleiter und nächsten Freund wurde. Auf ihm sitzend sinnierte er über die Reise und über die Frage nach, warum wir uns manchmal entscheiden, unser ganzes Leben einige tausende Kilometer nach Westen zu verlegen, wie er, oder im Osten in der Heimat zu bleiben, wie viele andere.
Was trägt man in seinem Koffer mit? Unterwäsche, Kleidung, Träume, Erinnerungen, was noch? Es waren die Erinnerungen, die sich in ein Lächeln auf alten Fotos verwandelten. Mit ausdrucksvoller Mimik und Emotionen erzählte er von Tränen, aber auch von den Hoffnungen, den Enttäuschungen, den Erwartungen des Ankommens und der Unmöglichkeit der Rückkehr. “Ein großartiger Abend, ein Highlight in der langen Reihe der CeBB-Veranstaltungen”, war der Kommentar einer Besucherin. Guérassim Dichliev, in seiner Darstellungskunst geprägt vom großen Pantomimen Marcel Marceau, in dessen Schule er seine künstlerische Ausbildung in Paris absolvierte, hat sich mit der Reise durch sieben Länder Europas eine körperliche Strapaze aufgetan. “Ich liebe diese Reisen, die mich schon nach Südamerika und Afrika führten, ich brauche sie für meine künstlerischen Impulse”.
Nach der Aufführung bat Guérassim Dichliev die Besucher, Fragen in einer Videobotschaft als Teil seines Projekts zu beantworten, nicht nur als Zuschauer, sondern direkt als Mitwirkende. “Ist der Koffer schwer? Aus was besteht der Koffer? Wie weit würden wir mit dem Koffer gehen?” Mit großem Beifall bedankte sich das Publikum beim Künstler für diesen außergewöhnlichen Abend. Guérassim Dichliev hat in Schönsee – einen der kleinsten Stationen auf seiner Kunst-Rad-Reise durch Europa –bleibende Spuren im Gedächtnis hinterlassen.
Medien-Echo:
12.09.14
Oberpfalz TV
Ungewöhnliche Pantomimische Darstellung: “Monolog mit einem Koffer”


















