6. Forum “Wissenschaft ohne Grenzen” | 24.04.14
Beim 6. Forum „Wissenschaft ohne Grenzen - grenzüberschreitende Studien im Fokus“ am 24.04.14 im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) war Schönsee zum wiederholten Mal Begegnungsort für junge Wissenschaftler, die sich in ihren Abschlussarbeiten und Dissertationen mit deutsch-tschechischen Themen und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beschäftigt haben.
Elf Studenten, Absolventen und Doktoranden der Universitäten Prag, Pilsen, Brno/Brünn, München, Weimar, Regensburg und Passau stellten ihre Abschlussarbeiten, Dissertationen und länderübergreifenden Universitätsprojekte bei dem vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds geförderten Wissenschaftstag vor. Ziel des Forums ist es, den jungen Wissenschaftlern einmal im Jahr Gelegenheit zu geben, interdisziplinär über Abschlussarbeiten mit grenzüberschreitendem Hintergrund zu informieren. Damit erhält die Öffentlichkeit einen Überblick über aktuelle wissenschaftliche Arbeiten/Forschungen über grenzüberschreitende Themen.
Das Forum wurde von CeBB-Leiter Hans Eibauer eröffnet, der die Veranstaltung als Beispiel der guten Zusammenarbeit des CeBB mit Universitäten der bayerischen und tschechischen Seite herausstellte. Durch das Programm des Nachmittags führten CeBB-Mitarbeiterin Maika Victor-Ustohal und EVS-Freiwilliger Jiří Křivánek, die das Forum organisatorisch betreut hatten.
Wirtschaft und Kultur
Im ersten Block wurden wissenschaftliche Arbeiten präsentiert, die sich mit dem Wirtschafts- und Kulturbereich beschäftigten. Dr. Barbara Köttl stellte ihre an der TU München eingereichte Dissertation zum „Grenzüberschreitenden Konsum in der bayerischen Grenzregion zu Tschechien“ vor. Nach einer Medienanalyse und einer Verbraucherbefragung formulierte die Wissenschaftlerin Empfehlungen für den grenzüberschreitenden Verbraucherschutz. Gezielte Informations- und Beratungsangebote für Verbraucher könnten Hemmnisse abbauen und auch zu einer politischen und kulturellen Annäherung beider Länder beitragen.
Lucie Chorvatová hatte für ihre Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Prag das Kaufverhalten von deutschen und tschechischen Internetnutzern untersucht. Während der Anteil der Internetnutzer in beiden Ländern fast gleich hoch ist, kaufen 77 Prozent der befragten Deutschen im Internet ein, dahingegen aber nur 43 Prozent der Tschechen. Aus ihrer Untersuchung und dem Ländervergleich leitete sie Empfehlungen für Internethändler ab.
Auch Hanna Zintel verglich für ihre Masterarbeit an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar die beiden Länder. Untersuchungsgebiet waren die Theatersysteme am Beispiel des Deutschen Nationaltheaters Weimar und des Nationaltheaters in Brno/Brünn. In beiden Ländern stehen die öffentlichen Theater vor großen Herausforderungen. Durch die Ähnlichkeit der Theaterstrukturen wäre ein grenzüberschreitender Austausch über mögliche Lösungen wünschenswert, dies wurde jedoch von der Referentin als utopisch angesehen.
Šárka Navrátilová, die gerade ein Auslandssemester an der Universität Regensburg absolviert, zeichnet in ihrer Hausarbeit den Weg zur Gründung des Deutschen Hauses als Zentrum der deutschsprachigen Bevölkerung in Brno/Brünn nach, das eine bedeutende Rolle für die deutsche Nationalbewegung in Mähren spielte.
Kurzpräsentationen: Buch- und Projektvorstellungen
Als Sprecherin des deutsch-tschechischen Jugendforums freute sich Šárka Navrátilová darüber, dass dieses vielen Gästen im Publikum bekannt war. Sie informierte über das Oberthema „Welche Bildung brauchen wir?“ der aktuellen Amtszeit.
Bronislava Rokytová von der Karls-Universität Prag stelle ein Buch vor, das die Werke bildender Künstler im tschechoslowakischen Exil dokumentiert.
Mit dem Projekt und der Publikation „Jedna, dva – Deutsch ist da! Jedna, dva – Tschechisch ist da!“, über die Andrea Königsmarková von der Westböhmischen Universität in Pilsen informierte, sollen Kinder und Eltern angeregt werden, sich spielerisch mit der Nachbarsprache zu beschäftigen.
Als Zuhörer waren Studierende und Lehrende von bayerischen und tschechischen Universitäten, Vertreter der Presse sowie die interessierte Öffentlichkeit gekommen. Nach jeder Präsentation schlossen sich Fragen aus dem Publikum an, die zu interessanten Diskussionen führten. Diese konnten in der Pause bei einem kleinen Imbiss fortgeführt werden.
Das Bild des Nachbarn
Im dritten Block ging es schließlich um das Bild des Nachbarn. Michaela Guldanová von der Masaryk-Universität Brno/Brünn stellte ihre Masterarbeit zum Thema „Deutsche und Tschechen im Spiegel der Medien“ vor. Sie untersuchte, welches Bild von den Deutschen die tschechische Presse vermittelt und wir die deutsche Presse über Tschechien berichtet.
Auch Maximilian Teubner von der Universität Regensburg analysiert für seine Bachelorarbeit Presseberichte aus beiden Ländern, um daraus das mediale Bild der Grenzstadt Cheb / Eger zusammenzufügen.
Grenzregionen
Die Einstellungen und Meinungen der Bewohner in der tschechischen Grenzregion erforschte Václav Jaroš von der Karls-Universität Prag unter Verwendung der Mindmapping-Methode. Er kommt zu dem Schluss, dass die Wahrnehmung der befragten Personen in der Region Karlsbad sehr oft von der Realität abweicht, bspw. die Wahrnehmung der heutigen deutsch-tschechischen ethnischen Grenze, des Anteils der dort lebenden Deutschen vor dem Zweiten Weltkrieg, des aktuellen deutschen Bevölkerungsanteils oder der Besitzverhältnissen dort ansässiger Firmen. Seiner Meinung nach wird die Vermittlung von Fakten zur gemeinsamen Geschichte im Schulunterricht vernachlässigt.
Auch Iva Košatková sieht sich mit diesem Informationsdefizit auf tschechischer Seite konfrontiert und sucht nach deutschen Zeitzeugen, um die Geschehnisse auf tschechischer Seite nachvollziehen zu können. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Karls-Universität in Prag erarbeitet sie gerade eine Dokumentation zur Siedlungskultur und Ortsnamen im Böhmerwald vor der Vertreibung der Bewohner deutscher Nationalität.
Schließlich analysierte Cornelia Fehlner für ihre Masterarbeit an der Universität Passau drei seit 300 Jahren bestehende Cluster im Musikinstrumentenbau in der sächsisch-tschechischen Grenzregion sowie in Franken. Diese europaweit einzigartige Infrastruktur des Clusterraums bietet heute Potenziale für grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Tourismus.
Zum Forum ist eine Publikation mit Informationen zu den einzelnen Referenten und Arbeiten erschienen.