TV-Podiumsdiskussion “Böhmen und Bayern im Gespräch” am 03.06.11 im CeBB
Ein grenzüberschreitendes Medien-Novum ging am 03.06.11 im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) in Schönsee mit etwa 80 Gästen aus dem gesamten bayerisch-tschechischen Nachbarraum über die Bühne. Die fünf ostbayerischen und drei westböhmische Lokalfernsehsender, seit 2003 in einer grenzüberschreitenden Kooperation verbunden, veranstalteten erstmals eine gemeinsam organisierte öffentliche Diskussionsveranstaltung unter dem Titel "Böhmen und Bayern im Gespräch - Perspektiven einer Nachbarschaft".
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Einführende Worte sprachen Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und Ing. Pavel Honzík, Geschäftsführer des federführenden tschechischen Medienpartners Úhlava, o.p.s. CeBB-Leiter Hans Eibauer machte in seiner Begrüßungsrede seine Freude über die hochkarätigen Gäste, unter ihnen Lothar Höher, stellv. Bezirkstagspräsident und Geschäftsführer von OTV, Dr. Birgit Seelbinder, Oberbürgermeisterin in Marktredwitz und Präsidentin der Euregio Egrensis und die MdB’s Karl Holmeier und Ernst Hinsken, deutlich. Hans Eibauer machte den regionalen Fernsehsendern ein großes Kompliment: “Mit ihrem wöchtentlichen Magazin ‘Aus Bayern und Böhmen’ leisten sie hervorragende PR für alle, die sich grenzüberschreitend in Kultur, Kunst, Wirtschaft, Bildung, Partnerprojekten und Partnerschaften engagieren. Das Regionalfernsehen hat dank der regelmäßigen Sendungen einen starken Anteil daran, dass die Aufgeschlossenheit für grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Begegnung spürbar zugenommen hat.”
Für das Lokalfernsehen in Bayern ist die Landeszentrale für Neue Medien (BLM) ein wichtiger Partner für Finanzierung und Positionierung. Deshalb war die Einschätzung von Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring in seinem Eingangsstatement “Die lokalen Fernsehstationen sind ein Sensor für das, was die Leute auf bayerischer und tschechischer Seite bewegt” eine Bestätigung für den Weg, den die fünf ostbayerischen TV-Stationen mit der grenzüberschreitenden Medienkooperation eingegangen sind. Die jede Woche ausgestrahlte halbstündige Sendereihe “Aus Bayern und Böhmen”, von den acht TV-Stationen gemeinsam produziert, hat nach Publikumsresonanzanalysen eine beachtliche Zuschauerquote.
Zum Projekt gehört auch die Diskussionsveranstaltung “Bayern und Böhmen im Gespräch”, die im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) mit sechs Podiumsgästen über die Bühne ging und aufgezeichnet wurde. Das Moderatorenteam Martin Lindner und Victor Nový führten durch acht Themenblöcke, die mit kurzen Einspielern angerissen und von den Podiumsgästen und Wortmeldungen aus dem Publikum vertieft wurden. Nach der Kurzvorstellung des CeBB begann die Diskussion mit dem ersten offiziellen Besuch eines Bayerischen Ministerpräsidenten im Dezember 2010 in Prag. Hat dieser Schritt von Ministerpräsident Horst Seehofer für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im bayerisch-tschechischen Nachbarraum Auswirkungen? war die Frage an Karin Holl. “Wir konnten auf der Kulturebene nicht darauf warten, bis der Bayerische Ministerpräsident diese längst fällige Fahrt nach Prag unternimmt. Wir spüren jedoch, dass dieser Besuch von Seehofer ganz wichtig für das politische Klima zwischen Bayern und Tschechien ist und das hilft uns.”
Bei den wirtschaftlichen Themen ging es um die seit 1. Mai geltende Arbeitnehmerfreizügigkeit, das Profitieren des Einzelhandels in Bayern von tschechischen Gästen, die große Zahl von ostbayerischen Unternehmen, die in Tschechien produzieren und mit Firmensitzen auf dem tschechischen Markt agieren und die Chancen, die der Arbeitsmarkt für zweisprachige Ingenieure, Fachkräfte und Hochschulabsolventen bietet. Richard Brunner, IHK Geschäftsführer für die Landkreise Cham und Schwandorf, ging in seinem Diskussionsbeitrag aus dem Publikum auf die dynamische Wirtschaftsentwicklung in den bayerischen und tschechischen Nachbarregionen ein, die seit der Grenzöffnung Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum gebracht hat. Karla Zajíčková, die für das IHK-Projekt “Wir sind Europa” in Pilsen tätig ist, ergänzte: “Wir spüren in den Firmen und unter den jungen Leuten eine Bewegung, die das Zusammenwachsen des gemeinsamen Wirtschaftsraumes ausgelöst hat. Nicht zu unterschätzen ist, dass Einkaufs- und Freizeittouren ins Nachbarland auch den kulturellen Horizont erweitern.”
Knistern auf dem Podium und bei den Gästen war zu spüren, als Umweltfragen und der Atommeiler Temelín, nur 80 km von der bayerischen Grenze entfernt, angerissen wurden. Ing. Petr Osvald zeigte wenig Verständnis für die deutsche Atompolitik. Für Tschechien kommt seiner Meinung nach ein Atomausstieg nicht in Frage. Welche Antwort hat die bayerische Seite zu dieser Position? Europaabgeordneter Manfred Weber forderte, sich in Europa auf einheitliche Sicherheitsstandards zu einigen. “Wir beurteilen seit Fukushima das Gefährdungspotenzial anders als unsere tschechischen Nachbarn, deshalb hat Deutschland in der Energiepolitik einen anderen Weg als Tschechien eingeschlagen.”
Das Thema Sprache zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Positiv wurde registriert, dass Tschechisch besonders an Realschulen im Vormarsch ist, dass die Euregio Egrensis eine Sprachoffensive gestartet hat und die VHS-Kurse nach wie vor gut belegt sind. In den westböhmischen Regionen Tschechiens sollte der deutsche Sprachunterricht nicht zu sehr an Boden gegenüber Englisch verlieren, war die von allen unterstützte Forderung vom Prorektor der Westböhmischen Universität Pilsen Prof. Karel Klíma an die Schulverantwortlichen.
Beim anschließenden Stehempfang, von der Pilsner Švejk-Band musikalisch begleitet, war gute Gelegenheit, die Vielzahl der angerissenen Themen zu vertiefen. Die aufgezeichnete Diskussion wird am Pfingstmontag auf OTV ausgestrahlt.
OTV-Beitrag
Blick hinter die Kulissen vor der Aufzeichnung