Das Wild führt
Gespräch mit Jiří Otta
Herr Otta, Sie sind ein junger, gebürtiger Planer, der als Förster für das Städtische Unternehmen Planer Wälder arbeitet. Für gewöhnlich frage ich, wie meine Interviewpartner nach Plan gekommen sind. Bei jungen Leuten muss diese Frage um ein paar Generationen zurück verschoben werden. Sind Ihre Eltern oder Großeltern hierher gezogen?
Als Erste kamen meine Urgroßeltern mütterlicherseits hierher. Mein Vater später ist zu meiner Mutter gezogen. Meine eine Urgroßmutter kam aus der Karpatenukraine. Ein Urgroßvater aus Südböhmen und hier hat er meine Urgroßmutter getroffen. Mein Urgroßvater väterlicherseits war Müller. Seine Mühle stand dort, wo sich der Teich Labant (Labuť) bei Altzedlisch (Staré Sedliště) befindet. Die Mühle hatte er nach dem Krieg bezogen. Darüber, wie sich die Verwandten hier nach dem Krieg niedergelassen haben, wurde in der Familie nicht geredet. Meine Urgroßeltern leben nun nicht mehr und ich kann sie nicht mehr fragen, auch wenn ich es gern würde.
Sie sind schon nach der Wende geboren. Hatten Sie das Gefühl, dass Sie an einem Ort sind, wo sich gerade die Grenze geöffnet hatte, die Welt erweitert und Sie eine Unmenge an Möglichkeiten haben? Die Generation vor Ihnen ist noch am Eisernen Vorhang aufgewachsen.
Ich bin in diese offenen Möglichkeiten hineingeboren worden, über den Eisernen Vorhang hat niemand groß geredet. Die Grundschule habe ich in Plan (Planá) besucht, die Forstwirtschaftschule in Písek (Pisek), jetzt beende ich gerade die Forsthochschule in Brünn (Brno).
Die Grenze hat die Gegend jahrhundertelang geteilt, der Eiserne Vorhang war undurchlässig. Ist die Grenze heute auch noch eine Barriere?
Das denke ich nicht. Die Barrieren werden abgebaut, auch die sprachlichen. Wir fahren ab und zu nach Deutschland. Ich glaube, dass die Menschen dort ein besseres Verhältnis zu dem Ort haben, an dem sie leben. Sie achten ihn mehr. Es wäre schön, wenn sich diese Haltung hier bei uns auch verstärken würde.
Plan hat Sie dann mit seinen Wäldern wieder zurückgelockt?
Nein, das nicht, eher das Forstunternehmen Planer Wälder. Dort herrscht eine gute, familiäre Atmosphäre. Das hat mich am meisten angezogen.
Wie viel Wald gehört zu Plan und wie wird er bewirtschaftet?
Wir haben ungefähr 1100 Hektar, die in zwei Abschnitte unterteilt sind. Das eine, komplexe Gebiet liegt direkt im Grenzgebiet bei Braunau (Broumov), der hat um die 500 Hektar. Um dieses Gebiet kümmert sich der Direktor der Forstbetriebe. Ich kümmere mich um das Waldgebiet Plan, das auch etwas über 500 Hektar hat. Das ist unterteilt in Flächen von einigen Hektar bis hin zu größeren Abschnitten.
Auf das Staatliche Tschechische Forstunternehmen wird oft geschimpft, dass es billige Arbeitskräfte aus Agenturen anstellt, die von der Arbeit nichts verstehen, oft passiert es, dass das, was sie pflanzen, eingeht. Ist das bei Ihnen als städtisches Unternehmen anders?
Wir unterscheiden uns sicher darin, dass wir eigene Angestellte haben, die eine Beziehung zum Wald haben. Wir haben Arbeiter, die für den Anbau verantwortlich sind, die Bäume pflanzen, den Unterwuchs entfernen und sich um die Bäume kümmern. Unseren Leuten ist der Wald wichtig.
Haben Sie einen Harvester, also einen Holzvollernter, dieses viel geschmähte Waldmonster, das alles umwälzt, blitzschnell automatisch Bäume fällt und dann wieder weg ist?
Harvester mieten wir, wenn es notwendig ist. Bei dem Holzvollernter kommt es darauf an, an welchen Standort er eingesetzt wird, wie schwer er ist, wie viele Räder er hat, welche Bereifung, ob er einen Förderaufbau hat. Oft ist der Harvester besser als ein Pferd, das einen größeren Kompressionsdruck gemessen auf eine Flächeneinheit hat. Also leihen Sie sich den Harvester auch nach ökologischen Kriterien? Ja, auch. Aber hauptsächlich mieten wir ihn, wenn wir bei einem Borkenkäferbefall eingreifen müssen. Ich denke, wenn man diese Technik verantwortungsbewusst einsetzt, gibt es keine Probleme und sie wird nicht zu einer Plünderungsmaschine.
Also Sie haben das Gefühl, dass die Truppe, von der Sie sprechen, die Wälder auf menschliche Weise bewirtschaftet?
Ich denke, dass wir uns darum bemühen. Wie sind Sie von dem momentanen Schäden betroffen? Auch bei uns gibt es Schäden, aber im Vergleich zu Nordmähren oder der Böhmisch-Mährischen Höhe sind sie bei uns relativ begrenzt.
Wie geht es weiter?
Wenn es weiterhin so trocken bleibt, sehr schlecht. Als Hoffnung für die Zukunft der Wälder wird von Artenvielfalt, nachhaltiger Bewirtschaftung und Selbsterneuerung der Wälder gesprochen. Auf dem Gebiet bei Braunau wird minimal aufgeforstet. Nur nach Baumbruch oder auf den Felsen. Ansonsten findet dort eine natürliche Erneuerung statt. Wir bringen dort lediglich weiterer Arten ein.
Haben Sie einen langfristigen Plan zur Artenvielfalt? Die Fichtenmonokulturen haben angeblich keine Zukunft. In welchen Zeitabschnitten planen Sie?
Wir haben sogenannte Waldbewirtschaftungspläne, die sind für 10 Jahre ausgelegt. Die Wälder werden von Sachverständigen begutachtet, die mit dem Institut für Waldwirtschaft zusammenarbeiten. Diese helfen in Zusammenarbeit mit dem Eigentümer einen Wirtschaftsplan für die nächsten zehn Jahre auszuarbeiten.
Warum nicht für einhundert Jahre? Die Zusammensetzung des Waldes zu ändern dauert doch sehr lange?
Die primären Pläne sind für zehn Jahre ausgelegt. Dann gibt es noch Pläne für die regionale Waldentwicklung, die für die Kreise und Naturwaldgebiet für zwanzig Jahre angefertigt werden.
Ein weiteres beliebtes Thema bei den Waldschützern ist das Zurücklassen von Material für Käfer und ihre Verwandten vor Ort. Die moderne Technik hinterlässt den Wald besenrein. Wie ist das bei Ihrer Bewirtschaftung und wie verhält es sich mit der Biomasse, die dem natürlichen Zersetzungsprozess überlassen wird?
Den Reisig werfen wir zu Haufen auf und lassen ihn im Wald. Wir zerkleinern ihn nicht. In schwer zugänglichem Terrain lassen wir auch einige Bäume liegen, die wir wegen des Borkenkäfers lediglich entrinden. Einzelne Bäume überlassen wir aber auch anderenorts der Zersetzung.
Wie erträglich sind die Planer Wälder für die Stadt?
Zur Zeit befinden wir uns in einer Holzkrise, die Preise für Holz fallen rapide. Im Moment sind wir eher mit Überleben beschäftigt.
Warum wurde das Sägewerk geschlossen, das es hier gab? Dort konnte man angeblich sogar Balken für Kirchen zusägen?
Das ist schon lange her. Ich weiß nur vom Hörensagen, dass die Technologie veraltet war. Es kam zu Abweichungen beim Sägen. Eine Modernisierung wäre wahrscheinlich zu teuer gewesen.
Wenn das Unternehmen Ihnen gehören würde, würden Sie ein Sägewerk anschaffen?
Die Beschäftigten im Sägewerk haben im Moment einen guten Stand. Das Schnittholz kann für ungefähr den gleichen Preis verkauft werden, das Holz ist aber sehr billig.
Sehen Sie irgendwelche Möglichkeiten, wie die Stadt darauf aufmerksam machen könnte, dass sie so viele Wälder hat?
Ich persönlich würde gerne die Kinder in den Kindergärten und Schulen mehr über die Wälder und die Bewirtschaftung der Wälder informieren. Und natürlich auch über die Tier im Wald und das Jagdwesen. Nicht jede Stadt hat über tausend Hektar Wald, da kann Plan stolz darauf sein. Und die Jägerei wird von der breiten Bevölkerung meist schlecht bewertet.
Wundert Sie das? Vor Kurzem ist erst wieder jemand bei Tachau von Jägern erschossen worden?
Die Unfälle sind das, was am meisten wahrgenommen wird. Dass man in der Zeit des Mangels den Tieren zusätzliches Futter bringt, wird nicht gesehen. Dass gemeinsam mit der Feuerwehr die Jäger meistens den einzigen Verein im Dorf stellen, sieht auch niemand. Die Jägerei ist eine sehr alte, mit der eigenen Kultur verbundene Tätigkeit. Graf Sporck hat in der Zeit des Barock viel für die Entstehung von Jagdtraditionen getan, z.B. der Gottesdienst an St. Hubertus, verschiedene Umzüge. Seit seiner Zeit wird auf den Treibjagden ein Jagdhorn benutzt. Die Schlösschen in der Region Kladno (Kladen) sind solche Orte, wo man die Verbindung der Kultur und Jagdwesen gut sehen kann. Die Jäger regulieren die Wildbestände. Wir befinden uns in einem Gebiet, wo das Vorkommen des Sikahirsches groß ist. Wir haben durch ihn Stellen, wo wir nur Zufallsabbau betreiben können, ein gezielter Abbau ist nicht möglich, weil die Lichtungen dann etwa zwanzig Jahre existieren. Sie können aufgrund des Wildes nicht nachwachsen.
Warum wird nicht mehr Großwild geschossen?
Wenn es von etwas im Grenzgebiet genug gibt, dann ist das Großwild. Wir regulieren die Bestände. Aber die Population vergrößert sich, wobei die Population der Jäger immer älter wird.
Also führt das Wild?
Ja, das Wild führt.
Warum geht es dem Sikahirsch so gut?
Der Sikahirsch ist keine einheimische Art. Er stammt aus Japan und wurde hier Ende des 19. Jahrhunderts ausgesetzt. Er ist kleiner als der Rothirsch. Er hat eine gute Ausbreitungsstrategie, würde ich sagen. Es gelingt ihm immer mehr, den Rothirsch zu verdrängen und sich mit ihm zu kreuzen. Die Nachfahren der beiden sind fruchtbar. Die Kreuzung ist nur in der ersten Generation zu sehen, das Erscheinungsbild der nächsten Generation ist dann entweder wie das der einen oder wie das der anderen Linie.
Welche Orte in der Umgebung mögen Sie und können Sie weiter empfehlen?
Ich mag die Grenzwälder, die Region um Braunau, Brand (Žďár) und Hals (Halže). Auch die Umgebung von Michelsberg (Michalovy Hory) gefällt mir sehr gut, sehr schön ist es auch nach oben in Richtung Punnau (Boněnov). Dort findet man wunderschöne Landschaftsszenerien. Ein weiterer schöner Platz ist das Tal des Amselbachs (Kosí potok). Dort wurden neue Wege angelegt und Lehrpfade eingerichtet.
Wie oft sind Sie privat im Wald, als Jäger?
Ich habe einen Jagdhund, also oft.
Was für einen Hund, wie heißt er?
Er heißt Peggy und es ist ein Deutsch Kurzhaar.