Wo der Hund verreckt ist
Im Blog Nr. 42, „Füchse und Rehe“, geht es um eine handfeste Auseinandersetzung – und erstaunlicherweise sorgt er bis heute für weitere Auseinandersetzungen, in deren Verlauf ich einen peinlichen Fehler eingestehen musste. Sie begannen an einem Sommerabend im Dörfchen Čižice, das mittlerweile in meinem Leben eine gewisse Rolle spielt. Dort plauderten wir beim Bier über Gott und die Welt und damit auch über Čižice. Es fielen die Worte, dass sich hier die Füchse gute Nacht sagen, was ich zum Anlass nahm, darauf hinzuweisen, dass sich in der deutschen Provinz Füchse und Rehe gute Nacht sagen.
Augenblicklich wurde das Gespräch sehr lebhaft. Tereza sagte, das habe sie in den über dreißig Jahren, die sie schon in Deutschland lebt, noch nie gehört, und Robert meinte, da sieht man wieder einmal die deutschen Angeber, die immer etwas extra haben müssen. „Aber damit du es weißt“, fuhr er fort, „bei uns in Čižice sagen sich die Füchse, Rehe, Igel – pass auf! – die Füchse, Rehe, Igel, Hasen, Ameisen, Eidechsen, Dachse und Luchse gute Nacht!“
Damit hatte Robert ganz klar gewonnen. Zwischen Tereza und mir aber schwelte seitdem ein kleiner Konflikt, der sich nicht beilegen ließ, unter anderem deshalb, weil ich ihr lange Zeit keine Belegstelle aus einem Text vorlegte. Ihre Tochter bestätigte ihr zwar, dass man in Deutschland so sage, aber das wertete Tereza als Akt der Rebellion gegen die mütterliche Autorität. Als wiederum ich endlich daran dachte, einen Beweis zu suchen, fand ich keinen. Ich fragte meinen älteren Sohn, ob ich mir diese Redensart ein Leben lang nur eingebildet hätte. „Das nicht gerade – aber es heißt: ‚wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen‘. Nicht Füchse und Rehe.“
Ich gestand Tereza meinen Irrtum. Aber ich habe bis heute das Gefühl, sie will mir auch „Fuchs und Hase“ nicht glauben.
Meine Niederlage gegen Robert konnte ich indes ausgleichen. Ende Oktober, als ich meinen nächsten Brauereistipendiumsaufenthalt ankündigte, schrieb er mir, der Zeitpunkt sei ideal, denn in Čižice sei zu dieser Jahreszeit völlig der Hund verreckt. Das Verb „chcipnout“, verrecken, musste ich natürlich erst nachschlagen, ehe ich begriff, dass ich nun schon zum ungezählten Male eine Redensart vor mir hatte, die ein deutsch-tschechisches Doppelleben führt. Dann aber schrieb ich ihm triumphierend zurück: „Klingt nach idealen Arbeitsbedingungen. Aber damit du Bescheid weißt: Bei uns in Deutschland ist nicht nur der Hund verreckt, sondern auch die Katze, der Ochse, das Eichhörnchen und die Fledermaus.“