Frau Professorin hat Geburtstag
Ich bin mir sicher, wir alle lieben sie.
Wir – das sind eine Handvoll Wahnsinnige, die es sich in den Kopf gesetzt haben, Tschechisch zu lernen. Zwei Lehrerinnen aus einem grenznahen Städtchen sind dabei, die mit einer tschechischen Partnerschule zusammenarbeiten. Ein Oldtimerfreak, der mit tschechischen Gleichgesinnten über den Austausch von Zylinderkopfdichtungen fachsimpeln möchte. Ein Förster, dem die tschechischen Worte fehlen, wenn er mit seinen Kollegen von der anderen Seite der Grenze über Borkenkäfer und Wildverbiss reden möchte. All diese Leute und noch ein paar mehr fahren zweimal im Jahr nach Pilsen und verbringen ein Wochenende mit Professorin Markéta. Ich habe tschechische Freunde in Nürnberg, die aus der Gegend von Liberec stammen und mich einmal gefragt haben: „Wieso fährst Du eigentlich zum Tschechischlernen ausgerechnet nach Pilsen? Dort spricht man das schlechteste Tschechisch in ganz Tschechien!“ Ich kann nicht beurteilen, ob man in Reichenberg oder Pilsen das schönere Tschechisch spricht. Ich kann dazu nur sagen: Diese Freunde kennen Markéta nicht. Weder die Klarheit ihrer Aussprache noch ihren Charme, mit dem sie uns durch die manchmal uncharmante Welt der Grammatik geleitet.
Aber ich muss aufpassen. Egal, ob man am 25. Februar in Tschechien oder in Deutschland geboren wurde, im Tierkreis gehört man zu den Fischen. Fische wollen zwar gern gelobt werden, habe ich in einem Astrologiebuch gelesen, sind aber feinsinnige, sensible Menschen, die keine allzu direkten Gesten mögen. Meine Erfahrung mit Fischen – und ich kenne nicht wenige – bestätigt mir das. Deshalb will ich an dieser Stelle lieber aufhören, damit ich mit meinem Gruß keinen Schaden anrichte, und sende Markéta, die in Wahrheit gar keine Professorin ist, aber die beste Tschechischlehrerin, die ich kenne, von Herzen alle guten Wünsche zum Geburtstag. Falls das nicht wiederum zu bescheiden ankommt. Denn in Tschechien wünscht man ja nicht „alles Gute“, sondern „alles Beste“ zum Geburtstag …