Küchentschechisch
Eine der wichtigsten Voraussetzungen, Tschechisch zu lernen, ist, wie ich schon lange weiß, keine Geschirrspülmaschine zu besitzen. Und ich kann jedem, der ein paar Minuten in ein Sprachlehrbuch hineinstarrt und schließlich resigniert feststellt „das kann ich mir nie merken“, nur raten, seine Spülmaschine abzuschaffen, um den ersten wichtigen Schritt zu tun, eine Sprache wie von selbst zu lernen.
Ich habe mittlerweile bestimmt schon viele Wochen, wenn nicht Monate meiner Lebenszeit damit verbracht, Geschirr zu spülen, Geschirr zu trocknen, Geschirr aufzuräumen und dabei die CDs anzuhören, die heutigen Lehrbüchern üblicherweise beiliegen. Gott allein weiß, wie viele hundert Male ich schon den Szenen und Dialogen aus dem täglichen Leben gelauscht habe, wie oft ich schon beim Abspülen nebenbei in einer tschechischen Autowerkstatt war … in einer tschechischen Buchhandlung … beim Friseur, beim Metzger, beim Bäcker, auf Partys, im Krankenhaus … so oft, bis mir die CD gründlich auf die Nerven ging.
Genau das ist der entscheidende Zeitpunkt, zu dem man sie keinesfalls wechseln darf; vielmehr höre man sie sich ab da mindestens noch ein Vierteljahr lang an. So sehr eine Fremdsprache den geistigen Horizont erweitert, so sehr ist ihr Erlernen – zumindest teilweise – mit gnadenlosem Stumpfsinn verbunden, und um den auszuhalten, muss man sich quasi jeden Tag für eine halbe Stunde in ein Kind zurückverwandeln. Kinder lieben Wiederholungen, sonst brächten sie es ja nicht fertig, ihre Eltern über Wochen und Monate hinweg Tag für Tag mit ihrer Lieblings-Märchen-CD zu traktieren.
Oder man kompensiert die akustischen Wiederholungen durch abwechslungsreiche Küche. Selbst wenn man nur einen bescheidenen Singlehaushalt führt, in dem der Einfachheit halber oft nur Spaghetti zubereitet werden – was lassen sich nicht alles für Zutaten mit ihnen kombinieren, Tomaten, Basilikum, Walnusskerne, Thunfisch, Kapern, Avocados, schwarze Oliven, Zucchini … ich spreche da aus Erfahrung. Selbstverständlich kann man sich auch beim Kochen von den Alltagshörspielen begleiten lassen … Mensch, Martin, pass doch auf! Wegen dir habe ich mich in den Finger geschnitten … Wieso montieren Sie mir eine Kralle ans Auto? … Machen Sie sich keine Sorgen, die Geburt ist ohne Komplikationen verlaufen …
Ich weiß schon, manche Leute erledigen das Sprachenlernen beim Joggen mit dem MP3-Player. Aber davon werden Teller, Töpfe und Pfannen nicht so schön sauber. Und die Fingernägel auch nicht.