35 Jahre nach der Grenzöffnung: Fest an der Schwarzach offenbart gute Nachbarschaft
„Grenze streichen, Hände reichen“ ist das Motto beim Jubiläum zur Grenzöffnung in Schwarzach vor 35 Jahren. Viele Menschen feiern an der Grenzbrücke und anschließend in der Festscheune der Familie Ried.
Erich Vogl aus Charlottenthal fährt mit dem Finger auf der Dorfstraße von Oberhütten entlang. Das Foto in der Ausstellung des Stadlerner Museums zeigt das Haus, aus dem seine Mutter und seine Großeltern einst vertrieben wurden. Er selbst wurde 1949 in einer Flüchtlingsbaracke in Schönsee geboren. Nebenan ist Bohuslav Balcar aus Domazlice in ein anderes Foto vertieft. Er hat das Kasernengebäude entdeckt, wo er 1968 als tschechischer Grenzsoldat seinen Pflichtdienst verrichtete. Die Jubiläumsveranstaltung „35. Jahrestag der Grenzöffnung in Schwarzach“ führte am Samstag zahlreiche Besucher von beiden Seiten der Grenze direkt am Grenzbach zusammen.
„Grenze streichen, Hände reichen“ lautete das Motto der Gedenkveranstaltung, die vom Centrum Bavaria Bohemia, der Gemeinde Stadlern und der Stadt Pobezovice (Ronsperg) ausgerichtet wurde. Bei Birgit Höcherl und Kamila Juzlova liefen die Fäden der Organisation zusammen. Alle Programmpunkte wurden synchron übersetzt.
Szenen der Freundschaft
Dass dieses Jubiläumsmotto nicht nur ein Festtagsthema ist, wird im gemeinschaftlichen Feiern der Menschen von beiden Seiten der Grenze deutlich. Der konkrete Beweis für die langjährige gute Nachbarschaft und Freundschaft wird in acht Dialogszenen vor Augen geführt, wobei sich das unkomplizierte Zusammenwirken in vielfältigen Lebens- und Berufsbereichen offenbart.
Peter Rettinger von der FFW Weiding kommt zusammen mit seinem tschechischen Kollegen Petr Vejvancicky zu Wort, ebenso wie der Unternehmer Michael Koller zusammen mit Jaroslav Sebesta, aber auch Jugendliche, Sportler, Landwirte, Lehrer und Gastwirte aus Bayern und dem Nachbarland erzählen von ihren Verbindungen. Die Reden von Bürgermeister Gerald Reiter und seines Kollegen Martin Kopecky aus Pobezovice enden mit einer freundschaftlichen Umarmung der beiden Kommunalpolitiker.
Angeregte Gespräche
Nach der Feier auf der Grenzbrücke verlagerte sich das Festgeschehen unter den Klängen der Kapelle Bockl Blech aus Waidhaus in die zum Festsaal umfunktionierte Scheune von Herbert Ried, wo eine aufschlussreiche Ausstellung historischer Fotos aus dem Stadlerner Museum und von Zdenek Prochazka für zahlreiche Besucher in angeregte Gespräche mündete. Viele Betrachter tauchten in die Welt ihrer Eltern und Großeltern ein, die aufgrund der Vertreibung aus den Grenzorten durch das kommunistische Regime in der damaligen Tschechoslowakei ihre Heimat verloren hatten.
Die Gespräche kreisten auch um die jahrzehntelange Abriegelung. „Der Grenzstreifen wurde zu einem entvölkerten, unbewohnten Gebiet“, erzählte Stadlerns Bürgermeister Gerald Reiter. Er blendete auf seine Kindheit, „als es eine Mutprobe war, über den Grenzbach zu springen“. Ansonsten hatten auf westlicher Seite die patrouillierenden amerikanischen Soldaten und der Bundesgrenzschutz in diesem abgelegenen Grenzstreifen das Sagen.
Das Ganze änderte sich, als Ende 1989 das kommunistische Regime in der Tschechoslowakei fiel und sich in der Folgezeit Begegnungen entwickelten. „Hier in Schwarzach geschah dies vor genau 35 Jahren“, merkte der Bürgermeister an. Auch die stellvertretende Landrätin Birgit Höcherl erinnerte sich an Kindheitserlebnisse am einstigen hermetisch abgeriegelten Eisernen Vorhang. „Umso schöner ist es, dass wir dieses Fest heute feiern können in Verbundenheit und Freundschaft mit unseren tschechischen Nachbarn“, leitete sie zur geselligen Runde im Feststadel über, wo der örtliche Heimatverein St. Anna Waier-Schwarzach für die Bewirtung der Gäste sorgte.
Quelle: onetz.de / Georg Lang






