Wie wird man zum König des Böhmerwalds?
Im Fall von Josef Hasil sind es nicht Krone, Zepter und eine Krönungsmesse. Den Titel verpassten ihm ausgerechnet seine Widersacher im kommunistischen Regime der Tschechoslowakei Anfang der 50er Jahre. Warum, erzählt ein Roman.
Der Autor des Romans „Die Rückkehr des Königs des Böhmerwaldes“, David Jan Žák, ist zu Gast im CeBB bei einer Lesung, kurz bevor die zeitgeschichtliche hochinteressante Ausstellung über wagemutige Tschechen, die Landsleute bei der Flucht über die Grenze nach Bayern über verschlungene Pfade durch den Grenzwald lotsten, in ein paar Tagen zu Ende geht. Es war die Zeit zwischen 1948 und 1953, als die Grenzanlagen noch nicht so perfekt und lückenlos installiert waren und jemand wie Josef Hasil, vor seiner Flucht nach Bayern im Normalberuf tschechoslowakischer Grenzpolizist, zusammen mit Gleichgesinnten, zum Helden wird. Von hier aus schleust er vom kommunistischen totalitären Regime Flüchtende auf geheimnisvollen Pfaden in die Freiheit und führte dabei den tschechischen Geheimdienst an der Nase herum. Als der „Eiserne Vorhang“ ab 1953 faktisch unüberwindbar wird, stellt Josef Hasil sein Leben auf den Kopf und emigriert in die USA. Was war Josef Hasil für ein Mensch, wo sind seine Wurzeln, wie ist er aufgewachsen, wie agierte er ohne erwischt zu werden, welche Geschichte verbirgt sich hinter seinem neuen Lebensabschnitt als Auswanderer in den USA?
David Jan Žák gibt auf diese und viele weitere Fragen in seinem 400-seitigen, im Jahr 2012 bisher nur in Tschechisch erschienen Roman, eine Antwort. Um uns Deutschen einen Zugang zum Werk zu geben, hat das Bohemicum an der Universität Regensburg in einem studentisches Lehrprojekt Sandra Fischer und Teresa Weiser und Peter Schuster, übrigens in Schönsee aufgewachsen, im Rahmen ihres Zusatzstudiums “Regionalkompetenzen für die bayerisch-tschechische Grenzregion” die Aufgabe gegeben, etwa 30 Seiten des Romans ins Deutsche zu übersetzen. Dr. Kateřina Šichová, Koordinatorin des Projekts, moderiert den Abend in der Gewölbehalle, umgeben von den Paneelen der Ausstellung. Sie ordnet in ihren Überleitungen die historischen Zusammenhänge und die Lebensabschnitte des Josef Hasil ein. David Jan Žák liest aus seinem Werk, die übersetzten Passagen rezitiert Blanka Libera, die derzeit am Bohemicum ihr Zusatzstudium absolviert. Eine charakteristische Passage: „Letztendlich werden Hasil und hundert weitere Häftlinge am 31.März 1949 auf Wägen verladen und in die Kohleminen von Dolní Jiřetín bei Most gebracht. Hier, im Arbeitslager, beginnt Josef Hasil zu einem ganz anderen Menschen zu werden. Aus dem sorglosen Draufgänger und Schürzenjäger, dem Raufbold von den Dorffesten, dem Fassbinder und Polizisten wird ein Feind der kommunistischen Partei und des neuen Regimes. Ein Anitkommunist. Ein Katholik.“
Nach der Lesung gibt es natürlich Fragen und Diskussionsstoff. „Sechs Jahre habe ich am Buch geschrieben“ verrät der Autor. Er erklärt, wie man sich den Eisernen Vorhang vorstellen muss. Ab 1951 Stacheldraht, bis 1953 in mehreren Reihen weitergebaut. Das perfide, alle Drähte standen unter Strom. Jeder Kontakt endete tödlich. Auch zerfleischende Hunde, Minen und Fallen gehörten zum Repertoire des totalitären Staates. Erst nach dem Prager Frühling 1968 änderte sich die Lage. In der Folge dauerte es bis 1971, bis der Strom abgeschaltet wurde. Dann die Samtene Revolution 1989. Freiheit, Demokratie. Aus dem Eisernen Vorhang wird das Grüne Band. Bei so viel Spannung die naheliegende Frage am Schluss, wann erscheint das Buch auf Deutsch? „Es muss sich ein Verlag finden“ sagt David Jan Žák. Immerhin war der Stoff schon interessant für Verfilmungen.