Bräuche in Westböhmen: Ostern – März/April
Das Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) hat im Frühsommer 2011 gemeinsam mit dem Ethnografische Museum Pilsen (Národopisné muzeum) die Ausstellung "Sitten und Bräuche in Westböhmen" realisiert. Sie informierte zweisprachig über die Traditionen und Bräuche in der Region Pilsen im Verlauf eines Kalenderjahres. An dieser Stelle veröffentlicht das CeBB die Ausstellungstexte passend zur jeweiligen Jahreszeit.
Ostern
An das jüdische Fest Passah schließt sich das wichtigste christliche Fest an – das Osterfest. Im Jahre 325 fand in Nicäa (in der heutigen Türkei) das Konzil statt, bei dem die Regelung zur Berechnung dieses beweglichen Festes beschlossen wurde und somit der Ostertermin am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühjahrstagundnachtgleiche (21. März) festgelegt wurde. Dem Ostermysterium, also der Nacht vor der Auferstehung Jesu Christi, geht die sog. Passionswoche mit dem Ostertriduum voraus, also mit den drei von der Fastenzeit ausgenommenen Tagen, mit denen liturgische Handlungen und Aberglaube verbunden sind. Für die Christen dauert Ostern nach der Ostervigil noch fünfzig Tage bis Pfingsten.
Ostertriduum in Volksbräuchen
Am Karfreitag (Velký pátek) standen die Menschen auf dem Lande vor Tagesanbruch auf und wuschen sich mit kaltem fließendem Wasser, um das ganze Jahr vor Krankheiten geschützt zu sein. Die Mädchen strichen den Tau von den Halmen, um schön zu sein. Es durften keine Gegenstände aus dem Haushalt verliehen werden, damit diese nicht verhext werden konnten. Es war auch verboten mit Erde zu arbeiten, da dort Jesus Christus ruht. Aus demselben Grund sollten die Hausfrauen auch nicht den Fußboden fegen oder Wäsche waschen, damit sie nach dem Aberglauben ihre Hände nicht in das Blut von Christus tauchten. Man glaubte, dass der Karfreitag magische Kraft hat und an diesem Tag Wunder geschehen, z.B. öffnen sich Schätze, die an geheimnisvollen Orten in Wäldern und Ruinen versteckt sind. Am Weißen Samstag (Bílá sobota) segnete der Priester morgens vor dem Gang in die Kirche das Feuer, von dem die Frau des Hauses alle vorher gelöschten Feuerstellen wieder anzündete. Von den abgebrannten Holzstücken aus dem geweihten Feuer wurden Kreuze hergestellt, die dann ins Feld gestochen wurden, um die Ernte zu schützen. Am Abend fand die berühmte Messe zur Auferstehung Jesu Christi statt. Die festlich gekleideten Familien gingen in die Kirche, in die bereits die Glocken aus Rom „zurückgekehrt“ waren und damit war die Pflicht der „Klapperer“, mit ihren Ratschen die Zeit zu bestimmen, zu Ende. Auf die Kinder wartete dann zu Hause hinter dem Fenster die Bescherung vom Osterlämmchen in Form von vielen Süßigkeiten. Mit der Auferstehung Jesu Christi endete das strenge Fasten – das erste Fleischgericht nach der Messe war der Osterauflauf (nádivka). In einigen Gebieten wurde er aus gekochtem Kalbskopf zubereitet, weshalb das Gericht „Köpfchen“ genannt wurde. Am Ostersonntag (Boží hod velikonoční) wurden nach der Frühmesse meist traditionelle Festgerichte geweiht – Osterlamm, Osterlaib und auch Brot und Wein. Der Osterlaib (mazanec) ist das älteste Ostergebäck, Archivalien erwähnen ihn bereits im 16. Jahrhundert. Er wurde aus Teig mit Käse und Eiern zubereitet, später auch mit Fleisch. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist er als Süßgebäck mit Rosinen und Mandeln bekannt. Einige Stücke des geweihten Gerichtes wurden auch den Haustieren gegeben und den Brunnen und Feldern geopfert, um für eine reiche Ernte zu sorgen.
Osterrute
Der Ostermontag gehörte in den böhmischen Ländern zu den beliebtesten Tagen, auch wenn mit ihm keine bedeutenden liturgischen Handlungen verbunden sind. Alle Beschränkungen, die sich durch die vorhergehenden Festtage ergaben, entfielen und die Menschen konnten sich Vergnügungen widmen, die jahrhundertelang einen Teil der Volksbräuche darstellten. Die älteste Tradition, die bereits im Mittelalter bestand, war und ist immer noch die Osterrute – die Jungen gehen von Haus zu Haus und schlagen mit einer Rute aus geflochtenen Weidenzweigen symbolisch die Mädchen, damit diese das ganze Jahr lang gesund und schön bleiben. Dafür erhalten die Jungen gekochte oder rohe, mit unterschiedlichen Techniken verzierte Eier (kraslice). Heutzutage werden neben Hühnereiern auch Schokoladeneier und andere Süßigkeiten oder Geld und für Erwachsene auch Alkohol geschenkt.
Texte: Daniel Bechný, Abteilung für Volkskunde, Westböhmisches Museum in Pilsen
Die Ausstellung kann ausgeliehen werden.
Ansprechpartner für Interessenten:
Maika Victor
Tel.: +49(0)9674 – 92 48 77
maika.victor@cebb.de